Geplante Obsoleszenz - Mythos oder traurige Wahrheit?

Geplante Obsoleszenz - Mythos oder traurige Wahrheit?
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Obsoleszenz – eine Begriffsklärung

Der Begriff Obsoleszenz leitet sich von dem lateinischen Wort obsolescere (sich abnutzen, an Wert verlieren) ab. Er bezieht sich in der Regel auf Wissensbestände oder Produkte, die auf natürliche oder herbeigeführte Art und Weise veraltet bzw. überholt sind. So sind beispielsweise Videokassetten in Zeiten von DVDs obsolet.

Diesem Vorgang liegt eine gewisse Natürlichkeit zugrunde. Ähnlich der Darwin'schen Evolutionstheorie werden weniger überlebensfähige Exemplare (Produkte) einer Art von verbesserten abgelöst. Diese normalerweise auf Lebewesen angewandte Selektions-Theorie gilt für Nicht-Lebewesen gleichermaßen. So werden herkömmliche Glühlampen von LEDs abgelöst. Anstelle des Röhren-Fernsehers drängen Flachbildschirme auf den Markt. Neue und verbesserte Technologien lösen veraltete ab. Das ist der normale Lauf der Dinge.

Anders verhält es sich hingegen mit der geplanten Obsoleszenz, wenn Produkte nicht im natürlichen Prozess dem Zahn der Zeit anheimfallen, sondern gezielt "obsolet gemacht" werden.

Kalkül der Industrie?

Der Begriff der geplanten Obsoleszenz geht zurück auf eine im Jahr 1932 veröffentlichte Schrift mit dem Titel: "Ending the Depression Through Planned Obsolescence". Der Autor Bernhard London greift darin die These auf, dass die Industrie Produkte absichtlich mit Schwachstellen ausstattet oder aus minderwertigen Rohstoffen herstellt. Ziel dieser Produktstrategie sei der schnellere Verschleiß und damit der erhöhte Bedarf an neuen Produkten. Höherer Bedarf bedeutet mehr Umsatz und damit größeren Gewinn.

Diese Theorie hat seitdem immer wieder kontroverse Diskussionen ausgelöst. Angefeuert wird diese Debatte durch mehr oder weniger belegte Berichte über bekannt gewordene Fälle von geplanter Obsoleszenz.

Historische Begebenheiten

Wenn in diesem Zusammenhang von einem "Erfinder" der geplanten Obsoleszenz gesprochen werden kann, taucht zwangsläufig der Name Alfred P. Sloan auf. Der Präsident von General Motors verfügte in den 1920er Jahren eine jährliche Konfigurationsveränderung an den von GM hergestellten Autos. Ziel dieser Strategie war es den Verbraucher zum Erwerb eines neuen Autos im drei-Jahres-Rhythmus zu nötigen.

Eine weitere belegte Tatsache ist die Gründung des Phoebuskartells im Jahr 1924. In einem Beschluss beschränkte dieses Kartell die nominale Lebensdauer von Glühbirnen auf maximal 1.000 Stunden. Dass diese Festlegung der Absatzsteigerung dienen sollte, konnte allerdings nicht nachgewiesen werden. Begründet wurde der Entschluss mit der abnehmenden Lichtausbeute von Glühbirnen bei gleichbleibendem Strombedarf.

Im Halbschatten des Mythos bewegt sich der Bericht über eine geplante Obsoleszenz bei Nylonstrümpfen. Demnach sollen die ersten von der Firma Dupont um das Jahr 1940 produzierten Nylonstrümpfe quasi unzerstörbar gewesen sein. Um einen besseren Absatz zu erzielen, habe Dupont das Material absichtlich dünner gemacht. Gleichzeitig seien weniger vor UV-Strahlen schützende Zusatzstoffe verwendet worden, um die Haltbarkeit der Strümpfe zu senken. Wahrheit oder Verschwörungstheorie?

Die verschiedenen Gesichter der geplanten Obsoleszenz

Nicht immer muss sich die geplante Obsoleszenz in dem völligen Versagen oder "Kaputtgehen" eines Produkts äußern. Der fest mit dem Mp3-Player verschweißte Akku, der sich nicht austauschen lässt, zählt genauso dazu. Oder das nicht mit dem Ladekabel des Vorgängers kompatible Mobiltelefon, die nicht wechselbare LED in der Lampe und viele weitere Dinge des täglichen Lebens. Kaufen, benutzen, wegschmeißen und neu kaufen. Diese weit verbreitete Verhaltensweise wird durch geplante Obsoleszenz auf die Spitze getrieben. Oft ist es billiger etwas neu zu kaufen, als es reparieren zu lassen. Wenn Reparieren überhaupt noch möglich ist…

Ein aktuelles Beispiel

Vor kurzem habe ich eine persönliche Erfahrung mit der geplanten Obsoleszenz machen müssen. Nach etwa drei Jahren verabschiedete sich mein Tintenstrahldrucker mit einer nicht näher definierten Fehlermeldung und blinkenden LEDs. Nach diversen fruchtlosen Rettungsversuchen, wie Rücksetzung auf Werkseinstellung, neuesten Treiber installieren etc. fand ich in einem Computerforum eine mögliche Erklärung: Viele Drucker werden vom Hersteller mit einem versteckten Zählwerk ausgestattet und schalten sich nach Erreichen eines vorgegebenen Zählerstandes ab. Das geschieht angeblich aus Sicherheitsgründen. Nach einer bestimmten Anzahl von Druckvorgängen sei der (nicht austauschbare!) Schwamm zur Aufnahme von Resttinte voll. Bei Weiterbenutzung könnte Tinte austreten. Wie beruhigend, dass sich der Drucker-Hersteller Sorgen um Tintenflecken bei mir zuhause macht! Mehr als ärgerlich, oder?

Pech gehabt oder doch geplante Obsoleszenz?

Vielleicht ist es einigen von euch auch schon so ergangen: Kurz nach Ablauf der Garantiezeit verabschieden sich Geräte ins elektronische Nirwana. Ist das Schicksal? Pech gehabt und ein "Montagsprodukt" erwischt, oder doch Opfer einer Herstellerstrategie? Laut Stiftung Warentest ist bei Langzeit-Testreihen in den letzten 10 Jahren kein Fall von geplanter Obsoleszenz nachgewiesen worden. Zahllose Beiträge im Internet zu diesem Thema lassen allerdings etwas anderes vermuten, oder?

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