Wildpret frisch und günstig besorgen und zubereiten

Lesezeit ca. 2 Minuten

Wildbret gibt es überteuert beim Feinkosthändler oder tiefgefroren im Discount. Das geht auch anders. Nicht nur ein Tipp für den Herbst.

Einkauf beim Jäger:

Wer frisches und schmackhaftes Wildbret haben will, sollte seinen örtlichen Jäger aufsuchen. Dort kann man meistens Wild in Teilen, aber auch ganz kaufen. Frisch mit oder ohne Decke oder Schwarte (Fell), zerlegt und eingefroren, mit Knochen oder ohne.

Wer Euer Jäger ist, erfahrt Ihr entweder durch Nachbarn oder beim Landratsamt (Untere Jagdbehörde), die die Anschrift oder Telefonnummer des Revierinhabers mitteilen können.

Meist werden Preise von ca. 5 Euro pro kg für ein ganzes Reh (mit Kopf und Decke) oder 3,50 Euro für ein Wildschwein (mit Kopf und Schwarte) verlangt. Wenn das Wildbret zerlegt gekauft wird, kommt schon mal ein Preis von über 10 Euro für ein Kilo Rücken oder Schlegel heraus. Das ist aber immer noch weniger als die Hälfte der Feinkostpreise.


Seht Euch das Stück, von dem Ihr das Wildbret haben wollt, am besten im unzerlegten Zustand an. Man kann dabei auch gleich die Kühlung und den Raum sehen, in dem die Zerlegung stattfindet, es sollte hygienisch zugehen.

Das sauber geschossene und aufgebrochene Stück muss bei etwa 6° C gekühlt in der Decke mindestens drei Tage, besser noch eine Woche lang reifen, dann kann es zerlegt werden. Es kann auch im Vakuumbeutel zerlegt reifen, aber dann sieht man es nicht mehr im Ganzen. Die Schusslöcher (Ein- und Ausschuss) müssen beide im Brustkorb oder am Hals, auf jeden Fall über dem unteren Rippenbogen sitzen.

Beim Zerwirken müssen sie wegen möglicher Bleirückstände großzügig ausgeschnitten werden. Das Fleisch muss blaurot sein. Leuchtend hellrot weist auf einen Verkehrsunfall oder ein langsames Verenden hin, da konnte das Stück nicht schnell ausbluten. Ein seriöser Jäger bietet das auch nicht an. Grüne Verfärbung des Fleisches weist auf einen unsauberen Schuss oder einen Fehler beim Aufbrechen hin, wodurch der Verdauungsapparat geöffnet worden sein könnte. Finger weg von grünlichem oder nicht gut riechendem Fleisch.

Das früher oft angeführte Argument mit dem "Hautgout" ("das muss so streng riechen") ist Quatsch. Ältere männliche Stücke (über 2 Jahre) kauft man besser außerhalb der Brunft (Reh: nicht im Juli/August, Rothirsch nicht im September / Oktober, Damhirsch nicht im November, alte Keiler gar nicht).


Wildfond selbst gemacht:

Lasst Euch immer die Knochen am besten in kleine Stücke gehackt oder Rippenfleisch mit den Rippen mitgeben. Das könnt Ihr dann im in Butterschmalz anrösten, wenn der Topfboden braun wird mit einem ganz kleinen Schuss Essig (löst den Röstaroma vom Topfboden) und danach Wasser oder Gemüsebrühe ablöschen. Stundenlang simmern lassen, bis die Knochen ausgelaugt sind. Immer wieder Flüssigkeit dazugeben oder mit Dampfdrucktopf arbeiten. So stellt Ihr ganz leicht einen eigenen kräftigen Wildfond her.

Um ihn zur Sauce zu machen, braucht Ihr noch Gewürze wie Salz, Pfeffer, Wacholderbeer und Lorbeer, Ingwer, Knoblauch, wenn gewünscht Chili, Zucker oder Schokolade, einen gehackten ungeschälten Apfel und gehacktes Suppengrün.

Zubereitung des Bratens (Reh, Hirsch, Sau):

Der Braten wird in einem Gefrierbeutel eine Nacht lang in Rotwein, ggf. 1:1 mit Buttermilch eingelegt. Ich nehme meist gefrorene Stücke und schneide in den Vakuumbeutel ein kleines Loch, durch das ich mit einer Pferdespritze (Tierarzt) den Wein einfülle; dazu braucht man nicht mehr als 0,5 L Beize.

Dann am nächsten Tag in der Reine oder Pfanne in Butterschmalz kurz und kräftig anbraten, mit Salz und Pfeffer würzen und bei mäßiger Temperatur (100 ° C) in den Ofen stellen, bis die Kerntemperatur von ca. 55 - 60° C (Sau: 80° C) erreicht ist.

Die Dauer ist größenabhängig, bei Reh ist man schnell fertig. Übergießen mit der geklärten Sauce aus dem Wildfond und dem Wein aus der Beize. Der Wein braucht eine Weile, um sich geschmacklich einzufügen. Nicht zu spät aufgießen!

Wenn Ihr so einkauft, wisst Ihr viel mehr über Euer Essen, als wenn Ihr einen Schweinebraten beim Metzger oder im Discount besorgt. Ihr werdet den Braten ganzheitlich begreifen, weil Ihr das Tier gesehen habt und wisst, was alles nötig war, um Euch den Genuss zu verschaffen.

Ihr habt die Gewissheit, dass das Wildtier anders als unsere Nutztiere bis zum Ende ein wirklich schönes Leben mit bester Äsung und in grenzenloser Freiheit hatte und dass sein Tod dank eines guten Jägers schnell, ohne Lebendtransport und so weit es geht schmerzlos kam. Und Ihr werdet staunen, was Ihr selbst alles zu Stande bringt.

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4 Kommentare

Danke Sarastro, gefällt mir sehr gut dein Tipp.
Danke für die ausführlichen Erläuterungen ! Sehr informativ, sarastro.
Das ist ein ausgezeichneter Tipp. Ich esse sehr gern Wild (aus den Gründen, die du auch genannt hast). habe das Fleisch aber bisher im Handel gekauft und werde mich jetzt mal auf die Suche nach dem Jäger meines Vertrauens machen.

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