Zivilcourage - wie verhalte ich mich richtig?

Zivilcourage - wie verhalte ich mich richtig?
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Angetrunkene Halbstarke belästigen an der Bushaltestelle eine junge Frau, Rechtsradikale pöbeln in der Straßenbahn einen Mitreisenden wegen seiner Hautfarbe an oder ein Schlägertyp droht einem Schwächeren Prügel an, wenn er nicht sein Handy rausrückt. So etwas kommt heute immer häufiger vor. Aber was kann man tun um zu helfen? Wie beweise ich Zivilcourage?

Oft traut sich niemand, dem Opfer beizustehen und die Täter zu stoppen. Selbst wenn Haltestelle oder Bahn voll sind mit Zeugen, die meisten Menschen schauen einfach weg und halten sich raus. Andere denken: "Warum hilft da niemand?", aber wissen selbst nicht, was sie tun können. Viele haben Angst, selbst zum Ziel zu werden und sich in Gefahr zu bringen. Doch gerade wenn noch andere Zeugen in der Nähe sind, ist es wichtig, wenn Sie einfach den Anfang machen und durch Zivilcourage ein Vorbild sind.

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Den Anfang machen

Studien zeigen: Je mehr unbeteiligte Menschen vor Ort sind, desto weniger ist jeder einzelne bereit, sich einzumischen. Die Haltung "Nicht mein Problem" oder "Wird schon jemand anders machen" wird umso stärker, je leichter man sich in der anonymen Masse verstecken kann.

Diesen "Zuschauereffekt" gilt es zu überwinden – denn ist erst ein Anfang gemacht, helfen viele andere ebenfalls. Sprechen Sie andere Zeugen direkt an und geben Sie ihnen konkrete Aufträge. Sätze wie "Sag Du dem Busfahrer Bescheid" oder "Rufen Sie dort drüben bitte die Polizei" sind wirkungsvoller als "Hilft vielleicht noch jemand anders?". Wer zuvor selbst zu unsicher war, um einzuschreiten, erhält so eine direkte Anleitung zum Mithelfen.

Nähe zum Opfer, Distanz zum Täter

Es hilft bereits, den Tätern zu zeigen, dass ihr Opfer nicht allein ist. Auch für das Opfer ist ein eindeutiges Signal hilfreich. Wenn Sie sehen, wie jemand in Bus oder Bahn belästigt oder bedrängt wird, setzen Sie sich einfach dazu oder stellen Sie sich im wahrsten Sinne "auf die Seite des Opfers". Ein guter erster Schritt ist auch, dem Opfer einen sicheren Sitzplatz entfernt von den Tätern anzubieten.

Wenn Sie sich unsicher sind, ob wirklich ein Eingreifen nötig ist, machen Sie mit der Frage "Brauchen Sie Hilfe?" bereits deutlich, dass ein potenzieller Helfer aufmerksam geworden ist. Allein diese Aufmerksamkeit bringt viele Täter bereits zur Ruhe. Wenn diese merken, dass sie statt auf Gleichgültigkeit auf Zivilcourage der Umstehenden stoßen und Konsequenzen befürchten müssen, lassen sie von ihrem Opfer ab.

Wenn Sie sich auf das Opfer konzentrieren, hat das einen weiteren Vorteil: Die Täter direkt zu konfrontieren oder gar zu attackieren, könnte diese noch aggressiver machen. Körperkontakt ist dabei gefährlich, man sollte also keinen Täter berühren oder gar wegzerren oder stoßen. Auch von anhaltendem Augenkontakt rät die Polizei ab – Täter können dies als Herausforderung auffassen. Dann gerät die Situation leicht außer Kontrolle. Zivilcourage sollte stattdessen die Lage beruhigen.

Ruhig bleiben

Am schwersten dürfte es fallen, dabei selbst ruhig zu bleiben. Die Polizei empfiehlt auch aus diesem Grund, die Täter zu siezen. Auf keinen Fall sollten Sie zurückpöbeln. Das Verhalten der Täter zu kritisieren ist besser als sie persönlich anzugreifen. Das sorgt für Distanz und klingt gleichzeitig seriöser. Außerdem erkennen andere Menschen so schneller, dass es sich nicht nur um einen Streit unter Freunden handelt. Das hilft dabei, auch weitere Zeugen zur Mithilfe zu bewegen. Diese weitere Unterstützung gibt wiederum mehr Selbstsicherheit für alle Helfer.

All dies gilt natürlich nur, wenn tatsächlich weitere Zeugen in der Nähe sind. Von Alleingängen und Heldentaten rät die Polizei ausdrücklich ab. Wenn Sie nachts mitbekommen, wie in einer Seitenstraße gerade jemand von einer ganzen Bande überfallen wird, sollten Sie vor dem Einschreiten auch an Ihre eigene Sicherheit denken.

Doch auch in solchen Fällen sind Sie nicht zum hilflosen Zuschauen verdammt: Lautes Schreien erregt weitere Aufmerksamkeit und ruft vielleicht weitere Zeugen herbei. Außerdem lenkt es die Täter ab. Dabei sollte man jedoch selbst eine Möglichkeit zum Rückzug haben, falls man selbst zum Ziel wird.

Nicht wegschauen

In kritischen Situationen ist es besonders wichtig, schnell die Polizei und gegebenenfalls auch einen Notarzt zu verständigen. Das ist einfacher, als viele glauben: Ein Mobiltelefon trägt heutzutage fast jeder Mensch mit sich und die Notrufe 110 und 112 lassen sich auch ohne Guthaben erreichen. Auch beim Notruf kommt es auf Ruhe an: Die wichtigen Details "Wer, was, wo und wann?" sollten Sie in wenigen Worten, aber eindeutig angegeben werden. Wer selbst kein Mobiltelefon hat, überträgt den Notruf an andere Zeugen und kümmert sich stattdessen um das Opfer.

Am wichtigsten ist schlicht, nicht wegzuschauen. Denn auch später ist weitere Hilfe wichtig: Falls die Polizei ermittelt, sind oft dringend Zeugen nötig. Wer die Täter genau beobachtet hat und sogar wiedererkennen kann, kann wichtige Hinweise geben. Vielen Menschen ist diese Bedeutung nicht klar, oder sie trauen sich nicht, als Zeuge aufzutreten. Auch dabei kann das Smartphone helfen, indem man Beweisfotos macht und später der Polizei anbietet. Diese Bilder dürfen Sie jedoch unter keinen Umständen veröffentlichen oder gar in sozialen Netzwerken verbreiten.

Bescheidwissen macht Mut

Der Mut zum Eingreifen lässt sich leichter finden, wenn man vorbereitet ist. Wenn Sie sich über geeignetes Verhalten informieren, ist das bereits ein guter Anfang. Sich Gedanken zu machen, was man selbst tun kann und wie man im Ernstfall handeln würde, hilft ebenfalls: Mit einer klaren Idee, was zu tun ist, kommt auch der Mut zum Helfen. Und alles ist besser, als gar nichts zu tun.

Empfehlungen zur Zivilcourage gibt die Polizei im Rahmen der "Aktion Tu was" und auf ihren detaillierten Beratungsseiten:

  1. Gefahrlos helfen: Ich helfe, ohne mich selbst in Gefahr zu bringen.
  2. Mithilfe fordern: Ich fordere andere aktiv und direkt zur Mithilfe auf.
  3. Genau hinsehen: Ich beobachte genau und präge mir Täter-Merkmale ein.
  4. Hilfe holen: Ich organisiere Hilfe unter Notruf 110.
  5. Opfer versorgen: Ich kümmere mich um Opfer.
  6. Als Zeuge mithelfen: Ich stelle mich als Zeuge zur Verfügung.

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