Fadenreißen: Garnrollenhalter waagerecht oder senkrecht?

Fadenreißen: Garnrollenhalter waagerecht oder senkrecht?
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Immer wieder taucht beim Nähen das Problem auf, dass der Faden trotz mehrfachen Einfädelns reißt oder auch splittert: Man verändert dann Stichlänge und / oder Fadenspannung, setzt eine neue Nadel ein, verwendet eine Nadel mit einer anders geformten Spitze oder in einer anderen Stärke, benutzt das Garn eines anderen Hersteller und stellt im schlimmsten Fall die Maschine vor Frust in die Ecke.

Hiermit ist jetzt Schluss, weil es in vielen Fällen nur daran liegt, dass das Garn beim Nähen nicht in korrekter Weise von der Spule abgewickelt wird, damit es dann problemlos seinen üblichen „Weg“ durch die Maschine bis hin zur Nadelspitze nehmen kann:

Neben allen oben genannten Kriterien ist es von entscheidender Bedeutung, ob der Garnrollenhalter waagerecht oder senkrecht angebracht ist.

Manche Leser sagen jetzt schon, das sei ihnen egal, sie hätten schon immer nur eine Art von Garnrollenhalter benutzt und seien damit zufrieden. Klar ist dann O.k. so. Wer aber neugierig ist und / oder Wert auf noch bessere Nähte (auch besonders in empfindlichen Materialien) legt, der mag vielleicht weiter lesen!

Die hier vorgestellten Informationen habe ich durch Zufall im Netz entdeckt (Link ganz unten) und mich gefragt, warum ich sie nicht schon Jahrzehnte früher aus dem Beiheft zur Nähmaschine, eigentlich aber von meinem Nähmaschinenhändler erfahren habe …

Die Position des Garnrollenhalters ist von Hersteller zu Hersteller unterschiedlich - einige Halter sind waagerecht, andere senkrecht angebracht. Nur wenige Maschinen verfügen über beide Garnrollenhalter oder die Möglichkeit des zusätzlichen Anbringens ihr glücklichen Näherinnen …

Da der gesamte Text im Internet und auch der Inhalt des tollen Videos auf Englisch ist, versuche ich hier mal eine Zusammenfassung:

Wenn man sich bei unterschiedlichen Garnen mal genau anschaut, in welcher Weise der Faden in der Fabrik auf die Rolle in der Fabrik aufgewickelt worden ist, erkennt man zwei Arten:

Typ 1)

Eine der Wicklungsarten nennt man übersetzt „kreuzweise“. Gemeint ist: Der Faden verläuft von der Spitze der Garnrolle her kommend über eine Strecke mal von unten nach oben, dann darüber liegend schräg von oben nach unten usw. -  scheinbar kreuz und quer. Diese kreuzweise Wicklung finden wir bei den meisten herkömmlich verwendeten Garnen, die sehr häufig aus Polyester sind und die viele von uns  zum alltäglichen Nähen verwenden. Aber auch die sog. Knopflochseide ist so aufgewickelt. Darüber hinaus sind alle Konen auf diese Weise mit Garn befüllt - u. a. solche mit dünnen Overlock-Garnen oder mit extra dicken Zierstepp-Garnen.

Typ 2)

Wenige, aber für den Nähprozess ebenfalls wichtige Garne sind total anders gewickelt: Hier verläuft der Faden durchgehend wie ein „Ring“ um die Garnrolle, also quer zur Garnrolle = von der Seite kommend schnurartig um sie herum. Man spricht auch von „gerader“ Wicklung. Dabei verläuft eine „Linie“ so gewickelten Garns dicht neben der vorherigen - nicht aber über diese hinweg, wie in 1) beschrieben. Wir finden die gerade Wicklung deutlich seltener, nämlich z. B. bei Garnen, die zum Sticken oder auch als Unterfaden für Stickereien verwendet werden.

Was hat das alles mit dem Garnrollenhalter zu tun?

Von ihm muss ja der zuvor aufgewickelte Faden von unserer Nähmaschine wieder abgewickelt werden, und das gern ohne oben geschilderte Probleme.

Diese kann man vermeiden, wenn der Faden beim Nähen in genau derselben Richtung wieder abgewickelt wird, in der er in der Fabrik aufgespult worden ist, also

  • bei Garnen des Typs 1(kreuzweise Wicklung) von oben her kommend,
  • bei allen Garnen mit ringförmiger / gerader Wicklung sollte er von der Seite her kommend abgewickelt werden.

Das ist einleuchtend und macht Sinn, weil dann die Maschine den geringsten Einfluss auf die Abwicklung des Fadens nehmen muss, weil der jeweilige Faden in optimaler Art von der Garnrolle abgezogen wird.

Zu Typ 2)

Für Garne mit gerader Wicklung verwendet man am besten einen senkrechten Garnrollenhalter: Rolle aufstecken, Faden einfädeln und losnähen: Der Faden kommt automatisch von der Seite der Garnrolle her - die Maschine zieht an diesem Faden, und gleichzeitig wird die Garnrolle in der erforderlichen Richtung mit gedreht - der Faden kann sich hier an keiner Stelle verhaken oder in sich verdrehen.

Wer über keinen senkrechten Halter verfügt, lohnt sich ein Nachfragen beim Händler / Hersteller, ob man einen solchen Halter nachträglich auf die Maschine stecken kann.

Für meine Maschine hatte ich beim Lesen des Textes im Netz schon sofort feststellen müssen, dass ich zwar über einen senkrecht stehenden Garnrollenhalter verfüge, meine Alles-Näher aber ja kreuzweise gewickelt und ein senkrechter Garnrollenhalter dafür nicht der geeignetste ist ...

Zu Typ 1)

Bei der kreuzweisen Wicklung sollte der Faden also gern von oben = von der Spitze der Garnrolle her kommend gezogen und dadurch rückwärts von der Garnrolle abgewickelt werden. Das bedeutet, dass Garnrollen mit kreuzweise gespultem Faden ebenfalls senkrecht stehen sollten.

Jetzt kommt aber das Problem, dass bei allen Maschinen sich der senkrechte Garnrollenhalter in fast gleicher Höhe mit dem Weg befindet, den der Faden beim weiteren Einfädeln nimmt. So kann die Maschine den Faden unmöglich von der Spitze der Garnrolle her ziehen, sondern nur von der Seite her und muss dabei auch noch die Rolle drehen. Dies erzeugt eine so hohe Spannung am Faden, was eben zu eingangs genannten Problemen führt!

Diese kann man beheben, in dem man Garnrollen mit kreuzweiser Wicklung deutlich tiefer stellt, z.B. direkt neben den Fuß der  Maschine: Der Faden wird dann von der Spitze der Garnrolle her nach oben ab-gezogen und dann erst in den „Maschinenweg“ bis hin zur Nadelspitze eingefädelt…

Um so etwas zu ermöglichen, kann man die Garnrolle / Kone z. B. in einen leeren Becher oder Marmeladenglas neben die Maschine stellen, den Faden von oben her (!) kommend abwickeln, ihn durch einen Haken im oberen Bereich der Nähmaschine führen, bevor er dann wie gewohnt eingefädelt wird.

Es gibt aber auch Konen-Halter zu kaufen, auf die man die Kone / Garnrolle stellt und den Faden durch eine weiter oben(!) befindliche Hakenöffnung führt, bevor er dann an der Maschine eingefädelt wird.

Die Garnrolle bleibt bei dieser Art der Abwicklung starr stehen, lediglich der Faden wird von oben her abgezogen. Die Spannung, die die Maschine einsetzt / hergibt, wird also ausschließlich dazu benutzt, den Faden abzuwickeln.

Unsere meisten Allesnäher-Garne sind kreuzweise gewickelt. Für Näherinnen wie mich, an deren Maschine der senkrechte Garnrollenhalter an der Oberkante fest verbaut ist, ergibt sich das große Problem, dass diese kreuzweise gewickelten Garne leider immer „fälschlicherweise“ von der Seite her abwickelt werden und die Maschine dazu auch noch die Rolle mit drehen muss. Seitdem ich diesen Tipp kennen gelernt habe, stelle ich auch meine kleinen  Allesnäher-Rollen ebenfalls auf einen gekauften Konenhalter: Alles ist super: Der Faden wird von oben her abgezogen, die Garnrolle muss nicht mehr mit gedreht werden - die Maschine näht „entspannt“ vor sich hin.

Übrigens: Wer eine Overlockmaschine besitzt, bemerkt vielleicht jetzt zum ersten Mal, dass und weshalb die Fäden von den Konen aus immer erst mal weiter nach oben hin abgezogen, dort in die erste Fadenführung eingehängt und erst dann in die Maschine eingefädelt werden!!!

Für die vielen unter uns aber, die eher eine normale Nähmaschine (mit meist kreuzweise gewickelten Garnen) als eine Overlock einsetzen, wird jetzt klar, dass im Alltag ein neben der Nähmaschine tiefer stehender senkrechter Garnrollenhalter macht!

Wozu aber einen waagerechten Garnrollenhalter?

Wer über einen solchen verfügt und den Aufwand mit einem externen Garnrollenhalter nicht betreiben möchte, kann Rollen mit kreuzweiser Wicklung getrost auf diesen Halter stecken: Die Garnrolle liegt im wahrsten Sinne des Wortes, und dann noch quer: Die Maschine kann den Faden von links her gleichmäßig von der Spitze (!) der Garnrolle abziehen! Auch hierbei muss die Garnrolle nicht bewegt, nicht gedreht werden, und es wird keine unnötige Spannung erzeugt.

Zusammengefasst: Die Garnwicklung bestimmt den Garnrollenhalter!

  • Wenn die Fadenwicklung an der Garnrolle gerade ist, also ringförmig um die Garnrolle herum verläuft: Halter senkrecht - Faden wird von der Seite her abgewickelt.
  • Fadenwicklung kreuzweise: Garnrollenhalter waagerecht - Faden wird von oben her abgezogen. Wenn der Garnrollenhalter senkrecht steht, muss er tiefer gestellt werden.

Hier der Link:

https://so-sew-easy.com/vertical-horizontal-thread-holder/ 

Bis dann herzliche textile Grüße!

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12 Kommentare

Da das Video komplett in englischer Sprache verfasst ist, hier für alle die eigentlich wichtige Erkenntnis, dass man eine Spule mit gerader Wicklung nicht von der Seite her abwickeln sollte: Diese Stelle findet sich toll illustriert und auch ohne Worte verständlich ab einer Spielzeit von ungefähr 02:10:
Bei Verwendung eines falschen Garnrollenhalters wird der Faden zwar ab-gewickelt, dabei aber sehr stark in sich verdreht:-( Er wird dadurch dicker - das Ziehen durch das Nadelöhr wird erschwert und es kann leicht zum Fadenreißen kommen...
@trom4schu:

Auch wenn ich selbst nicht nähen kann, bewundere ich jedesmal die Ausführlichkeit und Professionalität Deiner Tipps. Alleine dafür sind 5 Sterne mehr als verdient. Große Klasse!
Du schreibst mir aus der Seele!
Ich habe schon mehr als 20 Jahren eine Singer-Nähmaschine,
bin keine Schneiderin, aber ohne eine solche geht es nicht im Haushalt.

Habe auch immer das Problem, dass der Oberfaden reißt und dann muss man wieder neu
einfädeln, was nicht immer sehr schnell vor sich geht.
Mein Garnrollerhalter ist auch waagrecht angebracht und diesen werde ich sicher irgendwie
aufstellen, d. h. ihn in senkrechter Haltung bringen.

Das wäre ein Genuss, einmal was zu Nähen, ohne Ärger!

Danke und liebe Grüße
flamingo
@flamingo: Bitte nochmal überprüfen: Vernähst du meist Garne in kreuzweiser Wicklung (Gütermann lässt grüßen), dann ist (d)ein waagerechter Halter ja perfekt! Wenn dem so ist, müsste man dringend über andere Ursachen für das Reißen des Fadens nachdenken. Helfe dann gern dabei... Gruß
Ich finde Deine ausführliche Beschreibung super. Danke dafür, war eine Mühe und ich hoffe sie wird Dir auch gedankt. Ich hatte mir schon mal so einen senkrechten, ganz hohen Rollenhalter gekauft, weil ich das Overlookgarn auch gerne zum nähen verwende. Leider ist er beim Umzug nicht mitgegangen. Aber ich würde sagen, wenn ich das so lese was Du schreibst, dass Du zu 100 % recht hast. Werde beim nächsten Mal besonders darauf achten.
Im Moment nähe ich noch nicht, muß mir erst einen passenden Schreibtisch kaufen, so haben die Nähmaschinen keinen festen Platz und das nervt. Wird aber in Kürze geändert.
@HeideB: Hallo, Heide B: Danke dir für deine Rückmeldung. Inzwischen habe ich einen neune=anderen externen Garnrollenhalter gekauft, weil ) bei ihm die großen Konen nicht nur auf einem langen Stab "stehen",sondern dazu noch mittels einer draufgesetzten Schablone aus Kunststoff so sicher stehen, dass sie nicht hin - und her wackeln können (wie das bei meinem alten war). Außerdem gibt es - wenn man die normalen kreuzweise gewickelten Gütermann-Garn auf diesen hohen Stab stellt, noch zwei unterschiedlich große Scheiben,die oben drauf gesetzt werden und die den Faden noch exakter von der Garnrolle her bis nach "hoch oben" führen. Du findest dieses tolle Teil, wenn du mal googelst unter "Superior Thread Holder" - er kommt zwar aus dem Ausland, wurde aber sehr schnell geliefert! Ein tolles Video findest du unter " Superior Thread Holder Review" , das auch ohne Kenntnisse der englischen Sprache bestens zu verstehen ist! Die Anschaffung lohnt sich! Werde gleich noch ein Bild hochladen! Liebe Grüße und bis dann! Viel Freude beim Einrichten des Nähbereiches - ich kann das voll nachempfinden!
So, die Bilder sind ergänzend hochgeladen!

# alle: Noch eine Ergänzung zum Abwickeln der Garn besonders von (großen) Konen: Mir fiel spontan ein, ein bislang nur an der Overlock benutztes Netz auch über die großen Konen an der Nähmaschine zu stülpen, so dass der ablaufenden Faden keine Möglichkeit findet, irgendwo/ irgendwann auf seinem "Weg" nach hoch oben durch die letzte große metallene Öffnung des Garnrollenhaltes von der Kone seitlich abzurutschen und das Nähergebnis aufgrund der damit verbundenen Störung im Nähprozess zu beeinträchtigen - eine super Verwendung, wenn man diese Netze ohnehin hat! Schönes Wochenende allen!
@trom4schu: Danke auch für die zusätzlichen Fotos und Deine weitere Erklärung. So ein edles Teil hatte ich nicht. Der war eigentlich nur dafür, dass ich sogar die ganz großen Oberlock-Spulen verwenden konnte.
Habe gerade geschaut, der ist aber schon ordentlich teuer. Mal sehen?!
Danke auch für die netten Wünsche bzgl. meiner Nähecke und jetzt schon mal ein schönes Wochenende! 💜
@trom4schu: Ich werde das bei der nächsten Näharbeit besser
bezeichnen können, jetzt kann ich das gar nicht richtig definieren,
dann gebe ich Bescheid.

liebe Grüße
flamingo
@flamingo: Wenn du die Anleitung zu deiner Maschine noch hast, versuche doch mal rauszukriegen, ob man deinen Halter in der Position verändern kann. Wenn du keine Anleitung mehr hast, dann mal im Internet ggf. runterladen oder beim Händler nachfragen - das lohnt sich doch sehr! Schönes Wochenende!
@trom4schu: Da werde ich gleich nachsehen, die müsste ich noch haben.
Ich bin noch nicht dazu gekommen, mir das genau anzuschauen.

Aber das ist ein guter Tipp von dir und dafür bedanke ich mich sehr!
Lg. flamingo
Dankeschön für die ausführliche Ausführung die sehr gut beschrieben ist. Ein möglicher Grund das der Faden reißt, außer Fadenspannung oben und unten, kann alter poröser Faden sein. Läßt sich der Faden mühelos mit der Hand abreißen kann man ihn entsorgen. Allen einen schönen Tag noch 😃
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