First World Problems – eine (nicht?) ernstgemeinte Betrachtung

First World Problems – eine (nicht?) ernstgemeinte Betrachtung

Was ist schlimmer? Wenn ein Kopfkissen zu flach ist, zwei aber zu hoch sind? Oder wenn der Roboter-Staubsauger irgendwo stecken geblieben ist, aber man keine Lust hat ihn zu suchen, weil die Wohnung zu groß ist? Komische Fragen, denkt ihr? Tja, es gibt aber tatsächlich Menschen, die sich mit solch elementaren Problemen rumschlagen müssen. Da bleibt einem vor lauter Stress wirklich keine Zeit sich mit einem Drink an den Pool zu legen. Ach verdammt, der Gärtner hat sowieso vergessen neues Wasser einzulassen…

Willkommen in der Welt der „First World Problems“. Luxusprobleme nennt man so etwas hierzulande wohl eher, oder Jammern auf hohem Niveau. Meint aber alles das Gleiche: Sich beklagen über Dinge, von denen andere nur träumen können. Ist aber auch zu blöd, wenn einem das iPhone runterfällt und dabei das Display vom neuen Tablet schrottet. Ihr lacht? Mir ist eher nach Heulen zumute. Wenn ich im Netz von verzweifelten Menschen lese, deren Essen kalt geworden ist, weil sie noch schnell ein Foto davon bei Instagram posten mussten, wird mir ganz anders. Da bekommt der Begriff „Fremdschämen“ doch gleich eine völlig neue Bedeutung.

Auch interessant:
Blut spenden und Leben rettenBlut spenden und Leben retten
Alte funktionsfähige Computer spendenAlte funktionsfähige Computer spenden

Ich will hier nicht den Moralapostel spielen. Kann ich auch gar nicht mehr, seit ich mich neulich über das Luxusproblem geärgert habe, dass die Reste vom leckeren Essen nicht in den passten. Er war einfach zu voll. Also kein Moralapostel, aber dann zumindest ein schwer irritierter Mitbürger. Einer, der sich fragt, ob sein Vater nicht doch Recht hatte, wenn er vom drohenden Untergang des Abendlands redete. Während wir hier unsere wohlgenährten Kreise ziehen und Nabelschau betreiben, passieren in anderen Teilen der Welt schreckliche Dinge. Das wissen wir alle, denn die Medien streuen jeden Tag entsprechende Nachrichten und Bilder. Muss man da nicht irgendwann zwangsläufig abstumpfen und sich während der Tagesthemen-Kriegsberichterstattung über den schlechten Ton des neuen Flachbildfernsehers ärgern?

Ist es nicht so, dass in unserer sogenannten „First World“ die Probleme der sogenannten „Third World“ irgendwie an Relevanz verlieren? Und das, obwohl heutzutage alles nur ein paar Flugstunden entfernt ist? Ach so, in Phantasiastan ist es zu schweren Unruhen gekommen? Na Liebling, dann lass uns mal schnell die Urlaubsreise dahin stornieren, gell? Dann fährt man halt an die Ostsee und ärgert sich darüber, dass der Sandwall um den Nachbarstrandkorb viel höher ist als der eigene.

Warum ich das Alles schreibe? Eigentlich wollte ich mir bloß mal Luft machen. Oder auch mal hören, was ihr so dazu meint. Tipps gibt es in diesem Beitrag ja eigentlich nicht, aber mal sehen, vielleicht fällt mir beim Schreiben ja noch etwas Schlaues ein. Ist das jetzt auch schon wieder ein Luxusproblem? Dass ich hier im kuschelig warmen Zimmer an meinem Schreibtisch sitzen kann, während es draußen Blasen regnet? Mensch, bei dem Wetter fällt mir der A. ein… Der hat nämlich echte Probleme, obwohl er in der „First World“ lebt. A. sitzt immer vor dem Ullrich-Supermarkt am Bahnhof Zoo und lebt von den Münzen, die ihm Passanten in den Pappbecher werfen. Er schläft auch dort, direkt neben der Busspur unter der Eisenbahntrasse. Wir mögen ihn, meine Frau und ich. Irgendwie sind wir mal nach dem Einkaufen mit ihm ins Gespräch gekommen und jetzt halte ich regelmäßig einen kurzen Plausch mit ihm, wenn ich dort bin. Meine Frau und ich haben beschlossen ihm ein Zelt zu kaufen. Er hatte mal eins im Tiergarten stehen, doch das ist ihm geklaut worden. Wenn wir schon nichts an den „Third World“-Problemen ändern können, haben wir zumindest bei A. die Möglichkeit ein echtes „First World“-Dilemma zu beheben.

Genau, vielleicht läuft es doch noch auf einen Tipp hinaus, oder zumindest einen kleinen Gedankenanstoß zum Weitergeben, oder „Teilen“, wie es neudeutsch heißt. Wenn sich das nächste Mal jemand aus eurem Bekanntenkreis darüber beschwert, dass sein Kleiderschrank viel zu voll ist, gebt ihm einfach die Telefonnummer von der Kleiderkammer. Die holen die Sachen gerne und kostenlos ab. Oder wenn euer Nachbar seinen funktionsfähigen Staubsauger im Hausmüll entsorgen will, weil er sich das neueste Turbo-Modell gekauft hat, könnte ein Hinweis auf die Sammelstellen von sozialen Einrichtungen eine Idee sein. Die „Third World“-Probleme sind zumeist nur abstrakte Fernsehbilder. Die Probleme an denen man ein klein wenig etwas ändern kann, findet man dagegen direkt vor der eigenen Haustür.

Wie findest du diesen Tipp?

Voriger Tipp
Prokrastination, oder: Der kleine Oblomow in uns allen
Nächster Tipp
Im Rausch der Geschenke
Tipp erstellt von
am
Jetzt bewerten!

Bewerte jetzt diesen Tipp!
Vergib zwischen ein und fünf Sternen:

4,9 von 5 Sternen
auf der Grundlage von
Passende Tipps
Blut spenden und Leben retten
Blut spenden und Leben retten
10 71
Alte funktionsfähige Computer spenden
Alte funktionsfähige Computer spenden
8 13
Flüchtlingen helfen - wie kann ich als Einzelperson helfen?
Flüchtlingen helfen - wie kann ich als Einzelperson helfen?
41 247
26 Kommentare

Nun, was will man kommentieren, wenn gerade Weihnachten vorbei ist? Wenn man seine eigene Familie, die berufsbedingten Probleme noch im Kopf hat? Die Geschwister, die Eltern und Schwiegereltern, die Kollegen, die Nachbarn? Jetzt reflektieren, wie man selber ist, was man sich für sich selber wünscht? Sind wir wirklich so verbohrt? Wissen wir nicht mehr, das Einfach einfach ist?

Mich hat es gerade gefröstelt. Die Bude ist für mich gefühlt gerade mal 15 Grad kalt. Was kann ich nun tun, da mich friert?
A: die Heizung hochdrehen (super, bei 10 Grad und Sonnenschein werde ich wohl mehr an Gas bezahlen wie alles andere
B: Mir meine Heizdecke umlegen (super, die kostet mich auch Strom)
C: Wärmeflasche in den Rücken schnallen und ne Decke drum drapieren.

Ich habe mich für C entschieden. Die Wärmeflasche wärmt mich im Rücken, die drumherum drapierte Decke läßt die Wärme nicht verklingen und mir geht es gut.
War für mich die preiswerteste und effektivste Lösung.

Dann kann ich von einem Fall berichten, wo eine Dame das ihr angebotene Brot mit einem Handwisch wegwarf und meinte: ich mag kein kaltes Brot... (höööh)
Sich aber dann im Nachhinein beschwerte, dass sie seit 1945 nie mehr sooo hungrig schlafen ging.

Diese Luxusprobleme kann ich noch stapeln bis unter den Dachpfannen, doch erreichen wird dieser Tipp nicht diejenigen, die sie mangels Aufmerksamkeit auslösen.
Ich erkenne mich im Bericht wieder, kenne all diese Probleme, die für mich in dem Leben, das ich persönlich führe, auch zu wirklichen Problemen werden können. Sogenannte Luxusprobleme zu haben bedeutet nicht, die grundlegenden Existenzprobleme der Mitmenschen zu ignorieren. Für mich schließt das eine das andere nicht aus, sondern hat sogar den großen Vorteil, unterstützen und helfen zu können.

Heilig Abend zum Beispiel haben wir traditionell gefeiert und unsere Gans mit allem Drum und Dran verspeist. Nachdem sich der Magen etwas erholt hatte, ging es nachts in einem vollgepackten Auto durch die Straßen der Stadt auf der Suche nach den Schlafplätzen der Obdachlosen. Wer sich für Ähnliches interessiert, googelt bitte nach "Warm durch die Nacht", ein Verein, der sich mittlerweile in vielen Städten einen Namen gemacht hat.

Das ist aber nur ein Beispiel, wie man aktiv helfen kann und vielleicht nicht jedermanns Sache - es bleiben noch unzählige andere Möglichkeiten, wie auch bereits im Tipp erwähnt. Frauenhäuser, Kinderheime, Tierheime, Katzenschutzbund, Gnadenhöfe, Männerwohnheime, Die Tafel: Überall werden Spenden in jeglicher Form gerne entgegengenommen.

Vielleicht einfach mal alle Kekse, Stollen, Plätzchen, Kuchen und Süßigkeiten vom Fest zusammenpacken und irgendwo abgeben. Macht Freude und ist gut für die Figur! 😂
@Eifelgold: ha, diese Dame kenne ich,oder vielleicht auch ihre Schwester. Da heißt es geduldig bleiben! Genau wie bei einem Kunden der sich gerade seinen 3. Wohnsitz ( nur zur Erholung) aus dem Möbelsortiment des Sozialkaufhauses holt und dabei kräftig feilscht! Ich arbeite dort als Verkäuferin im Ehrenamt, d.h. ich bekomme nichts dafür, nicht mal Benzinzuschuß o.ä., nur eine Menge Spaß bei der Arbeit und jede Menge Unterricht in "Mensch". :-)

Übrigens,warum steht im Titel des Tipps "nicht ganz ernst gemeint". Ich finde diesen Tipp sehr ernsthaft und gut.

Tipp online aufrufen
Hol dir unsere besten Tipps als PDF / eBook!

Du druckst gerne unsere Tipps und Rezepte aus? Unter www.frag-mutti.de/ebooks findest du unsere besten Tipps und Rezepte zum Abspeichern und Ausdrucken. Nur 2,90 €!