Jedes zweite Supermarktprodukt enthält Palmöl. Das Fett begleitet uns nicht nur am Esstisch, sondern auch im Badezimmer, beim Putzen und Wäschewaschen und sogar beim Autofahren. Ein scheinbar unersetzbarer Alleskönner – und gerade deshalb besonders gefährlich.
Warum ist Palmöl eigentlich so beliebt?
Mit einer Jahresproduktion von etwa 65 Millionen Tonnen ist Palmöl das meist verwendete Pflanzenfett der Welt. Ganze 1,8 Mio. Tonnen davon verbraucht allein Deutschland. Unerkannt begleitet es uns durch den Alltag und zieht eine lange Spur an Problemen hinter sich her.
Die Liste der Vorteile ist wirklich beeindruckend: Palmöl ist billig, ertragreich, geschmacksneutral, geruch- und farblos, lange haltbar und hitzestabil. So bringt es zum Beispiel auf der gleichen Anbaufläche rund dreimal so viel Ertrag wie Raps. Dazu kommt eine besonders vorteilhafte Konsistenz. Bei Raumtemperatur ist Palmöl fest und schmilzt bei 23-30 Grad, was es wunderbar streichfähig macht. Perfekt für Magarine, Brotaufstriche, Schokoglasuren und viele weitere süße und herzhafte Sünden.
Fast die Hälfte des von der EU importierten Palmöls wird aber ganz anders verwendet: Nämlich für die Herstellung von Bioenergie, zum Beispiel in Form von Biosprit. Aufgrund der Beimischungspflicht von Biokraftstoffen in Deutschland tankt man (zumindest als Diesel-Fahrer) automatisch Palmöl – Alternative ist da nur das Fahrrad.
Der Erfolg von Palmöl ist vor allem auf seine Vielseitigkeit bei gleichzeitig unschlagbar günstigem Preis zurückzuführen. Das macht es für Hersteller in den meisten Fällen einfach zur besten Option, deshalb wird es so gerne genutzt.
Anbau der Ölpalme
So ertragreich sie auch sein mag, hat sie doch einen entscheidenden Nachteil: Die Ölpalme wächst nicht überall. Sie gedeiht vor allem in tropischen Regionen nahe des Äquators, die Hauptanbauregionen sind Indonesien und Malaysia. Da diese Flächen aber nicht einfach darauf gewartet haben, mit Palmölplantagen bebaut zu werden, musste dafür Regenwald gerodet werden. Und mit steigender Nachfrage wird die Rodung fortgesetzt.
Die weitreichenden Folgen der Abholzung der Regenwälder machen die Palmölindustrie zu einem so schmutzigen Geschäft. Mit dem Niederbrennen alter Waldbestände geht unfassbar viel Artenvielfalt und Biodiversität verloren, die unwiderruflich zerstört wird. Pflanzen und Tiere werden ihres Lebensraums und ihrer Nahrung beraubt – der vor dem Aussterben bedrohte Orang Utan steht stellvertretend für unzählige Arten und Rassen. Natürlich leiden nicht nur die Lebewesen, die direkt bei der Rodung erwischt werden. Große Plantagen bieten einfach keine Nahrung, Unmengen an weiteren Tieren verlieren dadurch ihre Lebensgrundlage.
Dazu kommt die Freisetzung großer Mengen an Kohlenstoffdioxid bei der Rodung, das in den Torfböden gespeichert ist. Das macht die Abholzung des Regenwaldes zu einem wichtigen Faktor für den Klimawandel. In den Hochphasen der Rodung rutscht ein Land wie Indonesien durch das Freigesetzte CO2 plötzlich an die Spitze der Treibhausgas-Emittenten.
Neben diesen gravierenden Folgen für das Ökosystem leiden auch Menschen unter dem Anbau der Ölpalme. Mit der Rodung einhergehend werden massiv Landnutzungsrechte missachtet, Menschen aus ihrer Heimat vertrieben und ohne Alternativen zurückgelassen. Zudem sind die Arbeitsbedingungen auf den Plantagen fatal: Es gibt Kinder- und Zwangsarbeit, schlechte Bezahlung sowie Gesundheitsschäden durch Pestizide.
Bio Palmöl und nachhaltiges Palmöl
Bio, Fair Trade und so weiter – es gibt doch genug Zertifizierungen, die auch bei der Ölpalme einen Anbau zu vertretbaren Bedingungen gewährleisten sollten, oder? Erfreulicherweise werden immer mehr Schritte in Richtung eines nachhaltigen Palmölanbaus unternommen.
Die bedeutendste Zertifizierung ist der runde Tisch für nachhaltiges Palmöl (RSPO). Dieser ist hauptsächlich von der Industrie getragen, birgt also eine Tendenz zu Interessenskonflikten. Die dort angelegten Kriterien werden auch von Umweltschutz-Organisationen stark kritisiert. Ein Beispiel: Nur „besonders schützenswerte“ Wälder dürfen nicht gerodet werden und auch die Behandlung der Pflanzen mit gesundheitsschädlichen Pestiziden ist weiterhin erlaubt.
Eine solche Zertifizierung schafft also nicht alle Probleme aus der Welt und sollte mit Vorsicht genossen werden. Trotz berechtigter Kritik macht es aber Sinn, wenn Palmöl konsumiert werden muss, auf zertifizierte Produkte zurückzugreifen – denn immerhin gibt es hier grundsätzlich erstrebenswerte Standards. Produkte mit RSPO zertifiziertem Palmöl sind bereits in vielen Supermärkten zu finden. Weitere Zertifizierungssysteme wie die International Sustainability & Carbon Certification (ISCC), die Rainforest Alliance und der Roundtable on Sustainable Biomaterials (RSB) sind strenger, aber auch weitaus seltener anzutreffen.
Diese Zertifizierungen garantieren allerdings keinen Bio-Standard. Bio Palmöl macht leider derzeit nur einen sehr geringen Marktanteil aus, wenn du es findest, solltest du des aber unbedingt bevorzugen. Durch das EU Bio Siegel werden nämlich auch bei Palmöl die EU Bio Standards garantiert: Keine synthetischen Dünger, keine chemische Schädlingsbekämpfung und ein Anbau, der die Fruchtbarkeit des Bodens erhält.
Die Bio Verordnung deckt jedoch wiederum keine sozialen Standards ab – doppelt hält also besser: Bio + Fair Trade ist die optimale Kombination. Erfreulicherweise sind Bio Palmöl Hersteller oft auch Mitglied in einer der Vereinigungen oder haben sogar Zertifizierungen für fairen Handel.
Für einen umfassend nachhaltigen Palmölanbau sind ökologische und soziale Faktoren entscheidend. Bisher ist es noch ein kompliziertes Suchspiel, Produkte mit Palmöl zu finden, das wirklich nach allumfassend nachhaltigen Kriterien angebaut wird. Für den Verbraucher ist es kaum möglich, komplett auf solche Produkte umzusteigen. Im Endeffekt kann ein nachhaltiger Anbau nur durch politische Veränderungen in den Anbauländern gewährleistet werden. Um die wichtigen Regeln und Kriterien weiträumig durchsetzen zu können, braucht es zwingend gesetzliche Vorschriften.
Wo ist Palmöl überall drin?
Wahrscheinlich konsumieren wir alle Palmöl weitaus häufiger, als uns bewusst ist. Es steckt in Margarine, Backwaren, Fast Food, Tierfutter, Lippenstift, Süßigkeiten, Putzmitteln, Kerzen, Farben, Eiscreme, Pharmazeutika, Kosmetika, Kraftstoff und vielen weiteren Produkten des täglichen Bedarfs.
Bei Lebensmitteln ist der Zusatz von Palmöl auf der Liste der Inhaltsstoffe durch die Kennzeichnungspflicht klar ersichtlich. Bei Kosmetika ist Rätselraten angesagt: Für Wasch-, Reinigungs- und Pflegemittel gibt es keine Kennzeichnungspflicht, Palmöl kann sich hier hinter verschiedensten Begriffen verstecken (z.B. Cetearyl/ Cetyl, Lauroyl/ Laurate/ Lauryl, Stearate/ Stearyl Sodium Palmitate, Isopropyl Palmitate, Palm Kernel Alcohol, Glyceryl Palmitate oder Pamamide DEA). In all diesen Fällen können die Stoffe aus Palmöl bestehen. Besonders oft findet sich das Palmfett in Waschmitteln, da daraus die waschaktiven Tenside hergestellt werden.
Gut zu wissen: Palmöl kann gesundheitsschädlich sein - deshalb ist es auch aus ganz egoistischen Gründen sinnvoll, auf palmölhaltige Lebensmittel zu verzichten. Durch die Raffination entstehen gefährliche Schadstoffe, sogenannte Fettsäureester. Palmöl in verarbeiteten Produkten wie Süßigkeiten oder Fast Food ist immer raffiniert. Vor allem Kinder können bei häufigem Genuss von Fertigprodukten die Grenzwerte für die giftigen Fettsäureester schnell überschreiten. Palmöl besteht außerdem zur Hälfte aus gesättigten Fettsäuren und gehört daher nicht zu den gesunden Ölen.
Alternativen zu Palmöl
Die Hintergründe des Palmöl-Anbaus sind erschreckend und am liebsten möchte man auf den Konsum des problembehafteten Rohstoffs sofort verzichten. Doch schnell wird klar, dass es so einfach nicht geht. Da der Anbau der Ölpalme so effizient ist, würde dieser für andere Ölsorten noch mehr Landfläche beanspruchen. Insbesondere der Austausch des Palmöls durch ein anderes tropisches Öl (wie zum Beispiel Kokos- oder Sojaöl) ist nicht sinnvoll und sogar nachteilig – hierfür müsste noch mehr Regenwald gerodet werden.
Man kann und sollte nicht komplett auf Palmöl verzichten. Eine Einschränkung der Nachfrage macht es aber möglich, den Anbau ressourcenschonend, umweltfreundlich und somit insgesamt nachhaltig zu betreiben. Durch bewussten Konsum ist ein umweltverträglicher Anbau in Mischkulturen nach ökologischen Standards und ohne weitere Rodung möglich. Und das können wir alle gemeinsam erreichen!
Lebensmittel mit Palmöl sind aufgrund der Kennzeichnungspflicht leicht ausfindig zu machen und der Verzicht ist nicht unmöglich. Bei Supermarktprodukten mit Palmöl handelt es sich fast ausschließlich um hochverarbeitete, industriell hergestellte Produkte. Diese solltest du der Gesundheit wegen sowieso so wenig wie möglich konsumieren.
5 Schritte zum bewussten Palmöl-Konsum
- Heimische Öle verwenden: Raps-, Lein-, Sonnenblumen-, Kürbiskern-, Maiskeim- und Olivenöl gibt es aus europäischem Anbau. Diese sind in fast allen Fällen hochwertiger, da sie weniger gesättigte Fettsäuren enthalten als Palmöl.
- So viel wie möglich selbst kochen und nicht auf Fertigprodukte zurückgreifen.
- Nachfragen & nachlesen: Sei dir bewusst darüber, welche palmölhaltigen Produkte du konsumierst und frage beim Hersteller nach, ob er nicht auf ein anderes Fett zurückgreifen kann.
- Den Fleischkonsum reduzieren: Palmöl wird häufig als Futtermittel für Masttiere verwendet (bei Biofleisch wird meist auf die palmölhaltigen Kraftfutter verzichtet).
- Weniger Auto fahren: So umgehst du das Palmöl im Biokraftstoff und tust etwas für Umwelt & Gesundheit.