Spitznamen - Nomen est Omen

Spitznamen - Nomen est Omen
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Einen Spitznamen sucht man sich in aller Regel nicht selbst aus. Sonst wäre ich mit Sicherheit nicht als „Stoffel“ durch meine Jugend gestolpert. Meine beste Freundin in dieser Zeit war übrigens die „Klammer“. Ein unschöner Spitzname, der sehr zu ihrem Leidwesen an ihr kleben blieb, auch nachdem sie ihre Zahnspange schon lange nicht mehr brauchte. In meinem Fall war „Stoffel“ eine Verballhornung meines richtigen Namens, vielleicht auch inspiriert durch die Schullektüre des Schelmenromans „Der abenteuerliche Simplicissimus“ von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen. Wer weiß. Bei der „Klammer“ war das auffällige Merkmal ihrer Zahnspange (Spitz)namensgebend. Ich denke Namensverdrehungen oder -verniedlichungen und körperliche Merkmale sind die beiden häufigsten Ursprünge eines Spitznamens. Susi und Schwabbel können ein trauriges Lied davon singen und werden diese Theorie bestätigen.

Manche Spitznamen entstehen aber auch durch grobe Fahrlässigkeit von frischgebackenen Eltern bei der Namenswahl ihres Kindes. Ein Junge in meiner Parallelklasse hieß bei allen nur „Steffi“ oder „der Steffi“. Er war der Sohn der Apothekerfamilie Niemeyer in meinem Heimatdorf und trug den Taufnamen Stefan. Dass aus Stefan Niemeyer ganz schnell Stefanie Meyer wird, liegt auf der Hand. Und da Spitznamen oft mit dem Verniedlichungs-i gebildet werden, wurde aus Stefanie Meyer „der Steffi“. Selbst nachdem er als erwachsener Mann die Apotheke seiner Eltern übernommen hatte, hieß es im Dorf noch immer: „Ich geh‘ mal schnell bei der Steffi, die Aspirin sind alle.“

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Kinder können grausam sein, Spitznamen auch. Nicht umsonst stammt der Begriff Spitzname aus dem 17ten Jahrhundert, in dem das Wort „spitz“ gleichbedeutend mit „verletzend“ war. Auch das Synonym „Spottname“ spricht für sich. Insbesondere Spitznamen, die sich auf ein körperliches Merkmal oder Gebrechen beziehen, können sehr verletzend sein. Als Rothaariger kann ich da mitreden. Oder sollte ich lieber Rotfuchs, Kupferdach oder Erdbeerblondi sagen?

Je heftiger man sich gegen einen Spitznamen sträubt, desto öfter wird man ihn zu hören bekommen. Ein seltsamer Effekt, aber so sind die meisten Menschen halt. Wenn sie erst einmal eine Kerbe zum Hineinhacken gefunden haben, schwingen sie die verbale Axt mit wachsender Begeisterung.

Doch wie wird man einen unerwünschten oder gar diffamierenden Spitznamen wieder los? Was machen Schnulli, Specki und Schnecke gegen den Spott? Die Psychologin und Kommunikationstrainerin Regina Birlinger rät dazu, folgenden Satz wie ein Mantra zu wiederholen „Ich will das nicht mehr.“ Über kurz oder (wahrscheinlich) lang, würde die Umwelt sich umstellen. Unbelehrbaren sollte der Betroffene mit kompletter Missachtung begegnen. Gleichzeitig rät sie Eltern zur Vorsicht, wenn es um Spitznamen für die eigenen Kinder geht: „Ein Kind, das Alexander gerufen wird, hat einen ganz anderen Start ins Leben als ein Sepp“.

Ich habe auch noch einen Tipp, der allerdings aufwendiger und in der Regel nicht angemessen ist: Einfach umziehen. Mit einem Umzug habe ich als junger Erwachsener den „Stoffel“ hinter mir gelassen und mich in meiner neuen Umgebung nur noch mit meinem richtigen Namen vorgestellt. Dass ich dort schnell einen neuen Spitznamen hatte, fand ich nicht schlimm. Alles besser als Stoffel. Der etwas tollpatschige Spitzname hat übrigens in meinem Heimatdorf überlebt, wie ich jüngst bei einer Stippvisite dort erfahren musste. Bei einem Besuch in der Dorfapotheke strahlte mich „der Steffi“ an: „Mensch Stoffel, du hier und nicht in Hollywood.“ Eigentlich wollte ich ihm bloß Hallo sagen, aber plötzlich brauchte ich doch etwas gegen Kopfschmerzen

Ich habe mich von den Spitznamen (Nicknames) hier auf Frag Mutti inspirieren lassen, eine kleine Geschichte zu schreiben. Alle, die sich darin wiedererkennen, mögen mir die Freiheit verzeihen, ihren Nickname dabei verwurschtelt zu haben. Die Geschichte geht so:

Upsi auweia, es ist ja schon viertelvorsieben…da isamama ja bestimmt gleich zum Essen da. Und ich hab mein xldeluxe-Kleid noch gar nicht gebügelt. Nicht dass es mir ergeht wie Glucke1980 beim Abschlussball mit ihrem faltigen Kleid. Aber der Ball war trotzdem der Knaller. Weißt du noch, da haben doch Frollein Vogel und alle anderen getanzt bis der Dauersparer willimatt in der Ecke lag. Und wie backfee44 Gläser Schampus getrunken hat… Zum Schluss ist sie wie ein whirlwind durch den ganzen Raum gefegt und hat nur noch gerufen „iamwhatiam! iamwhatiam!“ Das waren noch Zeiten. Ach Jugend, manchmal weine ich ein paar tearsfürdich, jetzt wo ich schon 60 bin und Erika58... Doch dann knabbere ich einfach einen LittleBiscuit, zieh‘ tapfer meinen Ringelstrumpf hoch und Hestia nicht gesehen, geht’s mir schon wieder viel besser.

Euer Stoffel, ääääh Kriss

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