Wechselwirkungen allgemein
Dass es Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Medikamenten, respektive den darin enthaltenen Wirkstoffen gibt, ist hinlänglich bekannt. Wenn wegen einer oder mehrerer Krankheiten verschiedene Medikamente gleichzeitig eingenommen werden müssen, muss im Vorfeld geklärt werden, ob die Kombination der Präparate unbedenklich ist. Insbesondere wenn verschiedene Ärzte für die Medikation eines Patienten verantwortlich sind, ist hier seine Mitarbeit besonders wichtig: Alle beteiligten Ärzte müssen wissen, welche Medikamente ihre Kollegen verordnet haben. Kompliziert wird es, wenn zu den verschreibungspflichtigen Arzneien noch freiverkäufliche Medikamente hinzukommen, die sich ein Patient quasi selbst verordnet. Der bekannte Slogan „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ ist mehr als eine gesetzlich vorgeschriebene Floskel: Es ist ein unbedingt ernstzunehmender Ratschlag, der leider laut der Apothekenkammer Hamburg von vielen nicht befolgt wird. Nur 44 Prozent der Patienten lesen oder fragen tatsächlich nach, was bei der Einnahme eines Medikaments zu beachten ist.
Stolperfalle Beipackzettel
Wie sieht es darüber hinaus mit den Wechselwirkungen von Medikamenten und Lebensmitteln aus? Die Einnahmeempfehlungen im Beipackzettel beschränken sich in der Regel auf „mit ausreichend Flüssigkeit“, „nicht auf nüchternen Magen“ oder „vor dem Essen“. So man sie denn findet. Ich habe gerade den Beipackzettel eines handelsüblichen, freiverkäuflichen Schmerzmittels auseinandergefaltet und nachgemessen: 65 Zentimeter beidseitig und eng bedrucktes Papier, insgesamt also 1,30 Meter Informationen, von denen die meisten mehr offene Fragen als Antworten hinterlassen. Das Zusammenfalten des Beipackzettels ist übrigens auch für erfahrene Origami-Spezialisten eine echte Herausforderung. Laut dem Vorsitzenden des Hausärzteverbands Bremen, Hans-Michael Mühlenfeld, dient der Beipackzettel nur der juristischen Absicherung: „Da sitzen Juristen des Pharmakonzerns an den Formulierungen.“ Logischerweise ist hier allgemeine Verständlichkeit nicht das oberste Gebot. Man ist also gut beraten, den behandelnden Arzt oder zumindest den Apotheker des Vertrauens zu fragen, was bei der Einnahme eines Arzneimittels in Hinsicht auf Wechselwirkungen mit Lebensmitteln zu beachten ist.
Daher erhebt die folgende Auflistung der bekanntesten ungünstigen Kombinationen weder Anspruch auf Vollständigkeit, noch kann sie die kompetente Beratung durch einen Arzt oder Apotheker ersetzen. Sie ist lediglich als Gedankenanstoß gedacht, beim nächsten Arzt- oder Apothekenbesuch doch einmal etwas genauer nachzufragen.
Milch und Antibiotika
Antibiotika aus der Gruppe der sogenannten Gyrasehemmer, beispielsweise Norfloxacin oder Ciprofloxacin, oder Tetracycline wie Doxycyclin, dürfen auf keinen Fall mit Milch oder Milchprodukten eingenommen werden. Das in der Milch enthaltene Kalzium geht mit den Arzneimolekülen eine feste Verbindung ein, welche die Darmwand nicht durchdringen kann. In der Folge wird der im Magen gebildete Klumpen ausgeschieden, ohne dass die Wirkstoffe des Medikaments vom Körper aufgenommen werden. Ebenfalls bei Mitteln gegen Schilddrüsenerkrankungen, Osteoporose oder Krebs kann der Mineralstoff (das Kalzium) einen negativen Einfluss auf die Wirkung haben. Daher sollte zwischen Medikamenteneinnahme und dem Verzehr von Milchprodukten ein Abstand von mindestens zwei Stunden liegen.
Grapefruit und Herzmittel
Die Zitrusfrucht gilt wegen der in ihr enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe, den sogenannten Flavonoiden, eigentlich als gutes Schutzmittel gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Doch das ebenfalls in der Grapefruit enthaltene Natringenin stört die für den Abbau von Medikamenten zuständigen Enzyme im menschlichen Körper bei der Arbeit. Das gilt im besonderen Maße für Herzmittel mit dem Wirkstoff Nifedipin, zahlreiche Blutdruckmittel (Betablocker) und ebenfalls für Allergiemittel (Antihistamine). Eine korrekte Dosierung ist durch den gestörten Abbau kaum möglich, da die Medikamente entweder zu stark oder zu wenig wirken. Daher sollten Betroffene auf die Frucht und den Saft aus Grapefruits verzichten.
Tee, Kaffee und Eisenpräparate
Insbesondere bei Blutarmut sind Eisenpräparate oft das Mittel der Wahl. Den metallischen Beigeschmack im Mund, den diese Mittel hinterlassen, mit einem Schluck Tee oder Kaffee hinunterzuspülen ist allerdings keine gute Idee. Die in den Getränken enthaltene Gerbsäure bindet die Eisen-Ionen, die dann dem Köper nicht mehr zur Verfügung stehen. Dadurch verringert sich die Wirkung des Eisenpräparats oder bleibt ganz aus. Auch hier empfiehlt sich zwei Stunden vor und nach der Einnahme auf Tee oder Kaffee zu verzichten.
Lakritz und Entwässerungspräparate
Herz und Lunge werden durch Wassereinlagerungen im Gewebe belastet, weshalb in vielen Fällen vom behandelnden Arzt ein Entwässerungsmittel verordnet wird. Diese sogenannten Diuretika sorgen für eine verstärkte Entwässerung des Körpers über die Nieren. Echtes Lakritz aus Süßholz hat den gleichen Effekt. Eine Kombination von Diuretika und Lakritz kann daher eine zu hohe Ausscheidung von Kalium mit sich bringen. Typische Symptome für einen daraus resultierenden Kaliummangel sind erhöhter Blutdruck, Schläfrigkeit oder Muskelschwäche.
Pfeffer und Asthmamittel
Wer auf Asthmamedikamente mit dem Wirkstoff Theophyllin angewiesen ist, sollte auf das allzu scharfe Würzen mit Pfeffer besser verzichten. Die in schwarzem und weißem Pfeffer enthaltene Substanz Piperin hemmt den Abbau von Theophyllin und sorgt für eine Anreicherung des Wirkstoffs im Körper. Die dabei entstehende Überdosierung kann zu Zittrigkeit und Atemproblemen führen.
Immer den Arzt oder Apotheker fragen
Da laut dem Deutschen Apothekerverband über 300 Arzneistoffe Wechselwirkungen mit Lebensmitteln haben können, ist diese kurze Zusammenfassung wirklich nur als Anregung gedacht, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen. Daher gilt: „Bei riesigen Nebenwirkungen verprügeln Sie nicht den Tippschreiber, sondern fragen Sie vorher ihren Arzt oder Apotheker.“
Kreativling