Der nächste Level kommt bestimmt

Der nächste Level kommt bestimmt
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Erwischt, ich gebe es zu: Ich zocke gerne am Rechner. Nicht exzessiv, aber gelegentlich mal für eine halbe Stunde in eine virtuelle Parallelwelt abzutauchen finde ich unglaublich entspannend. Vielleicht hat es mit meiner ungebremsten Spiellust zu tun, soll heißen: Ich spiele leidenschaftlich gerne. Und zwar querbeet. Ob Brett-, Karten- oder Würfelspiele gepflegt am Tisch oder Billard und Kicker nicht ganz so gesittet in der Kneipe. Ich würde niemals in eine Kneipe gehen, in der man nur am Tresen sitzt und quatscht. Oder trinkt. Trinkspiele gehören neben Rollenspielen übrigens zu den wenigen Spielekategorien, denen ich nichts abgewinnen kann. Aber zurück zum Thema: Computerspiele.

Im Jahr 1973 fand ich unterm Weihnachtsbaum ein Geschenk von der Größe eines Schuhkartons. Es klapperte beim Schütteln nicht und ich war schon vor dem Auspacken enttäuscht. Ganz offensichtlich handelte es sich nicht um einen weiteren Lego-Baukasten und konnte daher für mich nicht als vollwertiges Geschenk gelten. Meine Enttäuschung verpuffte allerdings schnell, als unter dem Geschenkpapier ein grellbunter Karton zum Vorschein kam. Seltsame Zeichen waren darauf zu sehen, geheimnisvoll, magisch und vor allem: Elektrisch. Das Ganze entpuppte sich als eine der ersten Spielekonsolen, sozusagen der Ur-ur-ur-Ahn von Playstation, X-Box und Co. Mein Vater verkabelte die Konsole mit unserem Schwarzweiß-Fernseher und das Wunder nahm seinen Lauf.

Auf der Mattscheibe erschien die rudimentäre Grafik eines rechteckigen Spielfelds mit einer Mittellinie und zwei kurzen, senkrechten Strichen rechts und links. Das waren die beiden „Tennisschläger“, die mittels eines Drehknopfs rauf und runter bewegt werden konnten. Bei Spielstart kam ein „Tennisball“ in Form eines leuchtenden viereckigen Punkts ins Spiel, der von rechts nach links… ach, was erzähle ich überhaupt? Die Älteren unter euch kennen es eh und die Jüngeren glauben mir wahrscheinlich kein Wort. Auf jeden Fall war ich fasziniert. Zumindest bis draußen der Schnee geschmolzen war und ich wieder unseren riesigen Garten unsicher machen konnte.

Es sollten sechs Jahre vergehen, bis ich mein zweites prägendes Erlebnis in Sachen Computerspiele hatte. 1979 waren PCs noch eine ferne Utopie, aber im verqualmten Hinterzimmer der einzigen Pommesbude im Dorf hatte die Zukunft bereits Einzug gehalten. Dort zockte die halbstarke Dorfjugend an mannshohen Spielautomaten die Arcade-Klassiker wie „Donkey Kong“ und „Asteroids“. Für den höchsten Highscore des Monats ließ der Besitzer satte 40 Mark springen, daher war die Bude immer gerammelt voll. Die Gewinnerprämie hat mit schöner Regelmäßigkeit Martin K. (du weißt schon Bescheid) eingesackt. Er hatte IMMER Geld zum Spielen, weil er seiner Oma die 5-Mark-Scheine klaute, die sie zwischen den Seiten ihrer Bibel versteckte. Aber das ist eine andere Geschichte – ich weiß nur, dass Martin später eine längere Jugendstrafe wegen Autodiebstahl abgesessen hat. Sei’s drum, früh übt sich.

Dann folgte eine lange Abstinenzphase, die 1996 schlagartig endete, als mein Mitbewohner sich die brandneue Playstation kaufte. Plötzlich war alles nur noch „Jump and Run“ und der Wüstenfuchs „Crash Bandicoot“ hüpfte durch unser Wohnzimmer. Seit ich dann ab der Jahrtausendwende den ersten eigenen PC besaß, habe ich einige gute und viele schlechte Spiele getestet. Ich habe diverse Moorhühner auf dem Gewissen und auch in Ego-Shooter wie „Counter-Strike“ habe ich zumindest mal reingeschnuppert. Wenn ich heute etwas spiele, dann zumeist einen recht ordentlichen Flugsimulator oder ein Autorennspiel namens „Asphalt 8“. Das entbehrt nicht einer gewissen Ironie, da ich weder einen Flug-, noch einen Führerschein besitze. Dann halt am Rechner, ist sowieso ungefährlicher.

Manchmal spielen auch die beste Verlobte von allen (wer weiß, wen ich hier zumindest im Ansatz zitiere, schreibt es bitte in die Kommentare, das gibt Bonuspunkte im nächsten Level) und ich gemeinsam etwas am PC. Doch, das geht. Wir mögen beide die sogenannten „Wimmelbildspiele“, bei denen man viele Rätsel und Suchbilder lösen muss, oder ein Wortfindungsspiel namens „Bookworm“. Wer glaubt, das mache gemeinsam keinen Spaß, sollte es einfach mal zu zweit ausprobieren.

Ich bin auf dieses Thema gekommen, nachdem ich neulich in der U-Bahn einem vielleicht zehnjährigen Jungen über die Schulter geschaut habe. Auf seinem Smartphone-Display rannte eine verheerend aussehende Gestalt mit einem riesigen Schwert durch eine ebenso verheerend aussehende Ruinenstadt und köpfte Zombies im Sekundentakt (eh schon Tote auch noch köpfen?). Mich wunderte, dass kein Blut aus dem Gerät spritzte. Ich musste an 1973 und mein Weihnachtswunder in schwarzweißer 2D-Grafik denken und war froh, dass diese Zombies an mir und meiner Kindheit vorübergegangen waren. Und eigentlich wollte ich hier etwas über die Gefahren von Computerspielen schreiben und Tipps geben, und… ach, was soll’s. Ich drehe jetzt eine Runde in meinem neuerworbenen Jaguar. Virtuell, versteht sich.

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