Ein Tipp ist ein Tipp ist (k)ein Tipp...?!

Ein Tipp ist ein Tipp ist (k)ein Tipp...?!
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Neulich habe ich mich dabei ertappt, wie ich während der Lektüre einiger Kommentare zu einem frisch eingestellten Tipp richtig Mitleid bekam. Nicht mit dem Tippgeber, um das mal klarzustellen. Von dem kenne ich ohnehin nur Avatar und Nickname, also nichts wirklich Echtes. Nein, mein Mitleid galt der unschuldigen kleinen Versammlung von Wörtern, die sich da stolz als der heißeste Tipp unter der Sonne ausgaben. Der Hauptmann von Köpenick hätte seine wahre Freude an dem tapferen kleinen Gesellen gehabt. Doch leider haben die Kommentatoren dem fast schon exhibitionistischen Mut des Tipps keinen Respekt gezollt: Er wurde mit Haut und Haaren gefressen, zerkaut und dann wieder ausgespuckt. Ganz so, als hätte er einen ekligen Beigeschmack oder wäre unverdaulich.

„Armer kleiner Tipp“, dachte ich bei mir und hätte das kleine verschreckte Ding am liebsten adoptiert, um es wieder aufzupäppeln. Ich habe mir dann einfach mal den Spaß gemacht, der Spur des gehässigsten Kommentars zu folgen, und siehe da: Der durch den Reißwolf gezogene Tipp ist nicht das einzige Opfer dieser Community. Kann ich das eigentlich so nennen: Community? Hat doch irgendetwas mit Gemeinschaft zu tun, dieser Begriff, oder? Ist es in Gemeinschaften nicht üblich, sich gegenseitig zu bestärken und unter die Arme zu greifen? Auch, oder besser: Gerade dann, wenn sich das schwächste Glied in der Kette mal wieder einen Ausrutscher erlaubt hat? Oder habe ich da etwas falsch verstanden? Doch ich schweife ab.

Worauf ich hinauswill: Im Grunde unseres Herzens, und das unterstelle ich jetzt einfach mal so, sind doch die meisten von uns nicht hier, um den ultimativen Haushalts-, Koch- oder Basteltipp zu finden. So viele ahnungslose Studenten und sonstige Frischlinge in der wahren Welt kann es ja gar nicht geben. Nein, es ist einfach schön, in der großen anonymen Onlinewelt eine kleine Nische zu haben, die man aktiv mitgestalten kann und in der man sich zumindest beim Nickname kennt. Ich freue mich ja auch, wenn ich in einer Großstadt wie Berlin einen Bekannten beim Bäcker treffe. Dann plaudert man ein bisschen, aber nicht zwangsläufig über Brötchen, nur weil man gerade beim Bäcker ist. Nein, man redet über Gott und die Welt.

So kommt es mir hier auch vor: Obwohl es bei Frag Mutti vordergründig um Tipps geht, wird über tausenderlei andere Dinge gesprochen, was dann voll Internet-affin „Off-Topic“ genannt wird. Zu Deutsch: Die Kommentare haben mit dem Tipp unter dem sie stehen, oft nicht das Geringste zu tun. Das dabei so ganz nebenher noch der Tipp verrissen wird, gleicht für mich dem Tratsch, der während des Smalltalks beim Bäcker auch ausgetauscht wird. „Ach ja, der Sohn von der Meyer ist letzte Nacht schon wieder besoffen durchs Treppenhaus gewankt.“ Nicht immer schön, aber Tratsch gilt unter Soziologen als der Kitt innerhalb einer Gesellschaft. Scheint zu stimmen.

Ich mag Frag Mutti, sonst würde ich hier nicht schreiben. Wer schon mal den einen oder anderen meiner Beiträge gelesen hat, weiß: Die Tipps darin muss man manchmal mit der Lupe suchen. Wenn man Pech hat, oder nicht zwischen den Zeilen liest, findet man unter Umständen überhaupt nichts, was den Namen Tipp verdient hätte. Ich schreibe viele meiner Beiträge mit dem Anspruch zu unterhalten, maximal zum Nachdenken anzuregen. Mit der gleichen Geisteshaltung mache ich mich auch an die Lektüre anderer Beiträge. Wenn über den Unterhaltungswert hinaus noch ein Tipp für mich rausspringt, umso besser. Wenn nicht: „So what?“ Soll ich dann hergehen und kommentieren „Das ist aber kein Tipp, oder kein guter, oder für mich interessanter/brauchbarer/neuer?“ Dafür kann doch der arme Tipp nichts. Und wer will das überhaupt wissen? Ich habe in Gedenken an all die verrissenen Tipps einmal versucht, das ganze Dilemma aus der Sicht eines ebensolchen, missverstandenen Wortgebildes zu schildern:

Klagelied eines anonymen Tipps

Als Tipp hab ich‘s hier wirklich schwer,
kaum steh‘ ich hier lieg ich schon quer
im Magen einer Mutti-Mutter
und werd‘ gleich zu Kanonenfutter.

Und dann wird heftig kommentiert,
was Mutti X nicht interessiert:
Zu alt, zu neu, zu irgendwas -
Es scheint ich mach ihr keinen Spaß…

Doch was ist dran an der Kritik?
Ich riskier mal einen Blick,
in die Tipps von Mutti X –
komisch – warum steht da nix?

Seit 5 Jahren schon dabei,
und das so völlig Tipp-Schreibfrei…
Dabei scheint sie genau zu wissen,
was Tipps so alles haben müssen.

Als Tipp bin ich echt überfragt,
was Mutti X mir damit sagt.
Drum mein ich nur: „Lass mich in Ruh,
ich hab‘ einen Tipp, und was hast DU?“

So, und nun bin ich wirklich gespannt auf die Kommentare zu diesem (tippfreien) Beitrag :)

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