Olivenöl genießt zu Recht einen guten Ruf. Es ist gesund, schmackhaft und kann über den Gebrauch in der Küche hinaus zur Pflege von Haut, Haaren oder Holz verwendet werden. Doch woran erkennt man ein gutes Olivenöl? Die Sortenvielfalt geht mit einer oft verwirrenden Unzahl an Bezeichnungen, Gütesiegeln und Herstellungsverfahren einher. Ähnlich wie beim Kauf einer guten Flasche Wein setzt die Auswahl eines hochwertigen Öls daher einige Sachkenntnis voraus. Im folgenden Beitrag werden die wichtigsten Qualitätsmerkmale von Olivenöl kurz zusammengefasst.
Eine kurze Vorbemerkung
In Deutschland dürfen dem Endverbraucher nur Olivenöle dieser Kategorien angeboten werden:
- Natives Olivenöl extra
- Natives Olivenöl
- Olivenöl - bestehend aus raffinierten Olivenölen und nativen Olivenölen
- Oliventresteröl
Alle folgenden Erläuterungen und Angaben beziehen sich in der Regel auf Olivenöl der ersten Kategorie, also „Natives Olivenöl extra“. Zum einen, um den Rahmen dieses Beitrags nicht zu sprengen. Zum anderen, weil (um es mal salopp auszudrücken): Wer will schon etwas über minderwertiges Olivenöl wissen?
Die Bezeichnungen
Welche Angaben auf dem Etikett zu finden sein müssen, ist durch eine EU-Vorschrift festgelegt. Für Olivenöl der höchsten Qualitätsstufe (Säuregrad unter 0,8 Prozent) sind die Bezeichnungen „Olivenöl nativ extra“ oder „Natives Olivenöl extra“ reserviert. Zumeist wird einer dieser Begriffe noch mit der Formulierung „erste Güteklasse – direkt aus Oliven ausschließlich mit mechanischen Verfahren“ kombiniert. Hier gilt es wachsam zu sein: Fehlt das Wort „extra“, weist das Öl in der Regel einen qualitativen oder geschmacklichen Mangel auf. Aus gesundheitlicher Sicht ist ein „Natives Olivenöl“ zwar nicht bedenklich, kann aber in punkto Geschmack deutlich hinter dem „extra“-Öl zurückbleiben. Ist der Etikettenaufdruck auf Italienisch, Portugiesisch oder Spanisch verfasst, entspricht die Bezeichnung „extra vergine“ dem deutschen „nativ extra“ und kennzeichnet ebenfalls die höchste Güteklasse. Dieses Qualitätsmerkmal beinhaltet auch die Einhaltung der Grenzwerte für viele chemische Parameter. Leider wird von den Herstellern hier gerne geschummelt. Beim letzten Test der Stiftung Warentest (2016) sind von 26 getesteten Olivenölen mit der Kennzeichnung „nativ extra“ 13 Öle durchgefallen. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sich an den Testergebnissen des sogenannten „Olio Award“ des Magazins Feinschmecker orientieren: OLIO Award 2019.
Das Herkunftsland
Die Anbaugebiete für Olivenbäume befinden sich fast ausschließlich in den am Mittelmeer gelegenen Staaten. Genau wie bei Wein haben das Herkunftsland und die Lage des Anbaugebiets großen Einfluss auf den Geschmack des Olivenöls. Grundsätzlich gilt: Öl mit der klaren Herkunftsbezeichnung eines Landes ist einem gemischten Öl (z.B. aus Italien, Spanien und/oder Griechenland) vorzuziehen. Nicht zuletzt spielt hier auch der ökologische Aspekt eine Rolle: Mehrere Herkunftsländer bedingen lange Transportwege zu Lasten der Umwelt. Die Herkunftsbezeichnung ist bei Olivenölen der höchsten Güteklasse (wir erinnern uns: „nativ extra“) für die Hersteller laut EU-Verordnung verpflichtend. Als „einfache“ Ursprungsbezeichnung auf dem Etikett reicht die Angabe des Landes, beispielsweise „Italien“. Darüber hinaus hat die EU Gemeinschaft zwei freiwillige Gütesiegel eingeführt, die der genaueren geografischen Herkunftsangabe eines nativen Olivenöls dienen. Die beiden Siegel im Vergleich:
D.O.P. (Denominazione d'Origine Protetta)
Dieses rote Siegel bestätigt, dass alle Produktionsschritte des Öls innerhalb eines geografischen Gebietes erfolgen. Damit ist in der Regel eine Gegend oder ein Ort und nur in Ausnahmefällen ein ganzes Land gemeint. Als Produktionsschritte gelten Erzeugung, Verarbeitung oder Zubereitung.
I.G.P. (Indicazione Geografica Protetta)
Das blaue Siegel besagt, dass zumindest einer der drei Produktionsschritte des Öls innerhalb des angegebenen geografischen Gebietes erfolgt.
Reife und Pressung
Hochwertiges Olivenöl wird innerhalb von 24 Stunden mithilfe der sogenannten „Kaltpressung“ (höchstens 27°C) aus den Früchten gewonnen. Daraus ergibt sich bei der höchsten Güteklasse der Pflichthinweis „direkt aus Oliven ausschließlich mit mechanischen Verfahren“. Der Geschmack des fertigen Öls ist maßgeblich vom Reifegrad der verwendeten Oliven abhängig. Generell gilt: Je weiter der Reifeprozess vorangeschritten ist, desto weicher und milder schmeckt das gewonnene Öl. Wandern unreife Früchte in die Ölpresse, wird der Geschmack kräftiger, bis hin zu pfeffrig-scharf oder bitter. Zum Backen, Marinieren oder für Desserts bieten sich milde Öle an. Für Fisch und Salat greift man am besten auf fruchtig-intensive Öle zurück. Und zu Fleisch und Gegrilltem eignet sich ein kräftiges, scharf-bitteres Öl hervorragend. Laut Olivenöl-Verordnung sind auf dem Etikett nur die Bezeichnungen „fruchtig“, „bitter“ oder „scharf“ erlaubt, maximal mit dem Zusatz „intensiv“, mittel“ oder „leicht“.
Last but not least: Der Preis
Qualität hat ihren Preis: Nach Expertenmeinung kann ein gutes Olivenöl nicht unter 10 Euro pro Liter hergestellt werden. Für Feinschmecker-Öle sind Preise um die 40 Euro pro Liter Standard. Natürlich ist dem Preis (ebenfalls wie bei Wein) nach oben keine Grenze gesetzt: Das teuerste Olivenöl der Welt hat den wohlklingenden Namen „LAMBDA Ultra Premium Extra Vergine Olivenöl“, wird in Griechenland hergestellt und kostet schlappe 11.000 Euro pro 500 ml Flakon. Ja, richtig gelesen: Flakon. Dafür wird der edle Tropfen in einer Verpackung geliefert, die mit zwei 18 Karat Goldplatten besetzt ist. Man gönnt sich ja sonst nichts…