Jeden zweiten Montag ist bei Frag Mutti ab sofort: „Bernhard-Zeit“. Schließlich ist es unfair, wenn ihr uns immer wieder Einblicke in euer Leben gewährt – die uns sehr ehren – aber ihr nicht wirklich viel über uns wisst. Der Frag Mutti-Chef ändert das und verrät mit „Bernhards Welt“ Tipps und Anekdoten aus seinem Privatleben.
Heute verrät Bernhard, welche Einsichten er seinen drei Schwestern verdankt:
"Geschwister - das beste Mittel gegen Neid"
Ich habe drei jüngere Schwestern und das ist auch gut so – auch, wenn jetzt viele „Oh je“ rufen. Dass ich als ältester Sprössling unsere Familienkonstellation kräftig aufgemischt habe, davon könnt ihr ausgehen. Allerdings hat das wenig mit dem Geschlecht und viel mit der Familie zu tun.
Darüber, was meine Eltern dazu bewogen hat, vier Kinder in die Welt zu setzen, gibt es reichlich Spekulationen. „Die wollten noch einen Jungen – und dreimal ging’s schief!“, rufen die einen. „Wäre das erste Kind auch ein Mädchen gewesen, wären es viel mehr geworden“, lautet die Theorie der anderen.
Mir erschließt sich dieses „Mir ist egal, was es wird – Hauptsache, der Bub ist gesund“ generell nicht. Ich habe zwei Töchter. Kein Vorzeige-Pärchen – eins von jedem Geschlecht – auf das die meisten hoffen. Allerdings bin ich mit meinen beiden Mädels mehr als glücklich. Doch das wäre ich mit zwei Jungs ebenfalls.
Was soll also dieses alberne „Hauptsache, der Bub ist gesund!“ angesichts von allgegenwärtig ungewollter Kinderlosigkeit? Wohin das führt, sehen wir doch wunderbar am Beispiel China. Dank der Ein-Kind-Politik wurden massenhaft Mädchen abgetrieben oder getötet. Jetzt geht die Wissenschaft davon aus, dass dank galoppierendem Männerüberschuss ein Fünftel aller Männer unter 30 nie eine Frau findet. Grauenvoll! Über die Folgen davon denke ich lieber nicht nach.
Wie wäre es denn, wenn wir alle ein wenig mehr Vertrauen in die Natur hätten? Eine Bekannte hatte als Teenie einen Jungen in der Klasse, der „Sigi“ gerufen wurde, da sein Nachname mit „Sig“ begann. In die Klassen darüber und darunter gingen seine sechs Brüder, die allesamt ebenfalls „Sigi“ gerufen wurden. Deren Auskunft zur Familienkonstellation lautete stets: „Unsere Mutter wollte ein Mädchen.“ Nach dem siebten Sigi hat sie frustriert aufgegeben. Eine Runde Mitleid? Wohl kaum.
Man könnte sicher argumentieren, dass ohne den brennenden Mädchenwunsch der Dame keiner der sieben Sigis jemals das Licht der Welt erblickt hätte. Aber ob den Jungs der Stempel „2. Wahl, wieder nicht geklappt“ den verdient fröhlichen Start ins Leben beschert hat, wage ich zu bezweifeln.
Warum wünschen wir uns eigentlich immer das, was wir nicht haben können? Wie wäre es denn, wenn wir uns einfach mal hemmungslos über das freuen, was wir im Leben kriegen? Vielleicht sind wir dank unserer Knubbelnasen und breiten Hüften nicht alle Models geworden. Zum Glück. Wir können stattdessen unsere Interessen entfalten, Feuerwehrmänner und -frauen werden und zur See fahren. Oder Frag Mutti gründen.
Wie wäre es, wenn wir das, was wir kriegen, einfach mal nehmen – und zufrieden sind? Das habe ich von meinen kleinen, schnellen und schlauen Schwestern gelernt: Neid bringt uns nicht weiter. Sollen doch andere sinnlosen Erwartungshaltungen hinterherrennen. Das gilt auch für unsere Geschwister. Nehmen wir sie einfach so, wie sie sind. Und passen sie uns mal nicht, freuen wir uns umso mehr über unsere Freunde. Verwandte Seelen finden wir schließlich überall.
Euer
Bernhard