Die Pflegereform verstehen - wie wird der Pflegegrad festgestellt?

Die Pflegereform verstehen - wie wird der Pflegegrad festgestellt?
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Zurzeit erhalten 2,8 Millionen pflegebedürftige Menschen unterschiedliche Leistungen von der Pflegekasse. 2030 sollen es schon 3,4 Mill. Pflegebedürftige sein. Das sind Menschen, die auf Dauer nicht selbständig leben können und betreut werden müssen. 50 Prozent dieser Menschen sind dann 85 Jahre und älter. Eine riesige Aufgabe, die unsere Gesellschaft meistern muss.

Radikale Änderungen

Mit der neuen Pflegereform gibt es seit dem 1. Januar 2017 radikale Änderungen bei der Bewertung des Zustandes von Pflegebedürftigen. Meine Mutter hat sich damit beschäftigt. Der Grund: ihre beste Freundin hatte einen schweren Unfall und lag auf der Intensivstation. Ihr Sohn lebt in den USA und würde seinen Job verlieren, wenn er sie nach der Entlassung betreuen wollte. Was macht meine Mutter? Sie quartiert sich in der Wohnung ihrer Freundin ein und versorgt sie. Als klar wurde, dass die Freundin dauerhaft pflegebedürftig sein wird, hat sie sich mit den neuen Pflegereform-Bestimmungen beschäftigt. Jetzt gibt es 5 Pflegegrade und 6 Ermittlungs-Themen, mit denen die persönliche Lebenssituation bewertet wird. Die Überlegungen und Berechnungen habe ich miterlebt und möchte diese Erfahrungen weitergeben.

2 Beispiele

Die radikale Änderung bei der neuen Pflegereform ist die, dass in erster Linie die Selbstständigkeit geprüft wird. Ein Beispiel: Ein Mensch, der im Rollstuhl sitzt, aber genug Kraft in den Armen hat, um den Rollstuhl zu bewegen und der klar im Kopf ist und viel Umgang mit Freunden und Partner hat, bekommt Pflegegrad 2. Der Grund: Trotz eingeschränkter Mobilität kann er sein Leben teilweise selbstständig gestalten. Mit Pflegegrad 2 bekommt man von der Pflegekasse für ambulante Pflege monatlich 689,- Euro.

Ein Mensch, der sehr vergesslich und aggressiv ist, der an Diabetes leidet und Krankheiten in den Gelenken hat und deswegen total isoliert lebt, bekommt Pflegegrad 3. Der Grund: Die selbstständige Lebensführung ist sehr eingeschränkt, denn es handelt sich um eine beginnende Demenz und eingeschränkte Beweglichkeit. Die Selbstständigkeit ist auf Dauer nicht mehr möglich. Mit Pflegegrad 3 zahlt die Pflegekasse monatlich 1.298,- Euro für ambulante Pflege. Damit sind dann umfangreiche Hilfen möglich, z. B. auch für Einkaufen, Kochen und Putzen.

Die 6 Ermittlungs-Themen beziehen sich auf

  1. Mobilität - also das selbstständige Aufstehen, Gehen, Treppen steigen usw.
  2. Kognitive Fähigkeiten und Kommunikation - also verstehen, merken, informieren, Infos umsetzen, örtliche und zeitliche Orientierung, Entscheidungen treffen, sich vor Gefahr schützen.
  3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen - also Selbstkontrolle oder Kontrollverlust, Depressionen, Unruhe, Suchtprobleme, Selbstmordgefahr.
  4. Selbstversorgung - also eigenständige Körperpflege, Essen, Trinken.
  5. Umgang mit krankheits- und therapiebedingten Anforderungen und Belastungen - also das Verständnis für die eigene Krankheit oder Ablehnung, regelmäßige Einnahme der Medikamente, selber Spritzen setzen, Verband wechseln usw.
  6. Gestaltung des Alltagslebens und der sozialen Kontakte - also das alltägliche Leben strukturieren, Pläne machen und durchführen, Hilfe anfordern, Kontakte pflegen und gestalten.

Kompliziertes Punktesystem

Die Bewertung erfolgt nach einem Punktesystem und danach, wie selbstständig die Person ist. Die Berechnung ist kompliziert. Wichtig zu wissen: Die 6 Bereiche werden unterschiedlich bewertet. Mobilität wird mit 10 Prozent bewertet, die Selbstversorgung mit 40 Prozent. So kommt es, dass ein Mensch im Rollstuhl, der Kontakte pflegt und klar im Kopf ist, niedriger bewertet wird als ein Mensch mit beginnender Demenz und chronischen Krankheiten, die zur Isolation führen.

Mit der neuen Pflegereform will man weg von der stationären Pflege im Altenheim. Das eigenständige Leben zuhause soll gefördert werden, denn die Kosten für die vollstationäre Pflege wird in Zukunft ein riesiges Problem werden.

An die Zukunft denken

Meine Mutter denkt natürlich auch an sich selbst, wenn sie jetzt für ihre Freundin die Sachlage genau studiert. Sie ist fit und clever, aber das kann sich schnell (oder schleichend) ändern. Wenn etwas passieren würde, möchte sie auf jeden Fall zuhause versorgt werden. Sie hat deshalb ein Extra-Konto eingerichtet, auf das monatlich ein fester Betrag eingezahlt wird. Damit will sie den Zuschuss von der Pflegekasse erhöhen, um gut versorgt zu werden. Man weiß ja nie, was kommt. Und ihre Tochter, mich, will sie auch ein bisschen schützen. Denn körperlich könnte ich vieles gar nicht, das ist uns beiden klar. Gut, dass es die Pflegehelfer gibt!

Tipp:

Beratung beim Patientenschutztelefon: 0231 - 7380 730 (kostenfrei)

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