Kommunikation, Beziehung, Stress in Krisenzeiten meistern

Kommunikation, Beziehung, Stress in Krisenzeiten meistern
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Ein Virus zwingt uns zu Hause zu bleiben. Wir sind verunsichert, weil wir nicht wissen, wie es zukünftig weitergeht und haben Angst, dass wir geliebte Menschen durch Covid-19 verlieren oder selbst erkranken. Diese Verunsicherung und die Reduzierung von Freiräumen erzeugen Stress. Diese Situation ist ein explosiver Nährboden für Konflikte und eine große Herausforderung für Familien und Paare. Damit es weniger kracht, hier ein paar Tipps, die helfen mit der Situation besser umzugehen.

Die Zeiten sind unwirklich. Wir sind wegen eines Virus zu Hause, verlassen unser Nest nur noch, um einzukaufen oder kurz frische Luft zu schnappen. Erschwerend kommt hinzu, dass wir verunsichert sind, weil keiner sagen kann, wie es weiter geht. Niemand weiß, ob sein Job sicher ist, ob das Kurzarbeitergeld reicht oder man die Wohnung verliert, weil die Miete nicht mehr bezahlt werden kann oder das eigene Unternehmen Insolvenz anmelden muss.

Fehlende Kontrolle verunsichert uns

So eine Situation ist für uns unbekanntes Neuland und wir haben darüber keine Kontrolle. Gerade das macht viele hilflos und verunsichert sie noch mehr. Und wir haben Angst geliebte Menschen durch Covid-19 verlieren oder selbst zu erkranken. Menschen sind unterschiedlich. Die einen genießen jetzt die Ruhe, die anderen fühlen sich gestresst. Selbst nach den Osterferien wissen viele Eltern, dass sie neben dem Homeoffice wieder einen zweiten Job als Lehrer im Homeschooling haben. Die Doppelbelastung ist für Familien ein schwieriger Balanceakt, denn Kinder haben sehr feine Antennen und bemerken genau, wenn Eltern verunsichert sind und Angst haben. In dieser Situation haben Konflikte Hochkonjunktur.

Jeder braucht seinen Raum

Normalerweise gehen wir zu Arbeit, ins Fitnessstudio, treffen Freunde in Cafés und Restaurants, gehen Tanzen oder ins Theater. Die Kinder haben draußen mit Freunden auf dem Spielplatz rumgetobt, sich im Skatepark oder im Kino getroffen. All diese Räume fallen jetzt weg. Deshalb ist es besonders wichtig, dass jeder, sei es in einer Paarbeziehung oder in einer Familie mit Kindern, die Möglichkeit hat, sich zurückzuziehen und für sich zu sein. Denn ständig aufeinander hocken sind wir nicht gewohnt. Ich habe selbst die Erfahrung gemacht, dass wenn wir als Eltern am Esstisch im Homeoffice arbeiten und die Kinder mit am Tisch sitzen und Homeschooling machen, dann erzeugt das Stress. Der eine hat Hunger, der nächste stellt ständig fragen und dann kommt die Videokonferenz und alle müssen auf Knopfdruck still sein. Das klappt nicht. Also bei uns jedenfalls nicht. Kinder begreifen nicht, dass Papa und Mama da sind, aber eben keine Zeit haben und das erzeugt Stress. Deshalb haben wir uns umstrukturiert.

Einen ruhigen Platz für den Hauptverdiener

Sind beide Elternteile berufstätig, sollte der Hauptverdiener in Ruhe arbeiten können. Bei uns ist der Schreibtisch ins Schlafzimmer gewandert. Das ist jetzt das Büro. Ich arbeite in Teilzeit und bin jetzt vormittags teils Lehrerin und arbeite dann nachmittags noch weiter. Das klappt einigermaßen. Allerdings bleibt die Betreuung der Kinder dabei etwas auf der Strecke. Hoffen wir, dass Lehrer es nach den Osterferien schaffen, ihre Schüler online zu unterrichten.

Auch Kinder brauchen einen Rückzugsort. Wer mehrere Kinder hat, die sich ein Zimmer teilen, sollte Regeln aufstellen. Jedes Kind sollte die Möglichkeit haben sich für einige Stunden allein in das Kinderzimmer zurückzuziehen. Das reduziert Stress und Konflikte.

Raus gehen

Wir sollen möglichst zu Hause bleiben, aber mit Kindern ist das schwierig. Nach draußen gehen bedeutet auch wieder mehr Raum zu haben und das solltet ihr nutzen. Zur Abwechslung kann man auch mal eine Nachtwanderung machen. Dann sind nicht so viele unterwegs und die Kinder haben ein Abenteuer. Dabei sollten Mama oder Papa auch mal ganz allein einen Spaziergang machen. Gehen fördert das Denken und die Verarbeitung der Situation.

Auch Paare sollten nicht nur zu zweit rausgehen, sondern auch mal allein. Besonders wenn es Konflikte gibt und sich eine Krise anbahnt. Eine Runde Joggen baut Adrenalin im Körper ab und die Emotionen kochen wieder runter.

Reden, reden und noch einmal reden

Normalerweise treffen wir uns und reden mit Kollegen, Nachbarn und Freunden. Dieser direkte Austausch ist jetzt nicht mehr da oder sehr reduziert. Auch Kinder können ihre Freunde nicht mehr sehen und vermissen den Kontakt. Deshalb ist es wichtig, den Kontakt zu halten, die besten Freunde und Familienmitglieder anzurufen, zu chatten und auch die Freunde der Kinder über Skype, Zoom oder FaceTime zu sich nach Hause zu holen. Diese Kommunikation sorgt für frischen Wind.

Kinderkontakte fördern

Besonders Kinder brauchen jetzt Halt und Zuversicht und das nicht nur durch die Eltern. Freunde und wichtige Bezugspersonen sind für Kinder und Jugendliche gerade jetzt besonders wichtig und helfen ihnen, die Situation besser zu bewältigen. Deshalb ist es in Ordnung, wenn Kinder online gemeinsam spielen und dabei über das Telefon oder Videochats miteinander sprechen. Neben dem Spielen reden sie dann ganz nebenbei über die Situation und wie es ihnen damit geht. Die vertrauten Gesichter zu sehen und zu wissen, dass die Freunde in derselben Situation sind, macht es für Kinder leichter, die Lage anzunehmen. Und es ist wichtig, die Situation wie sie ist zu akzeptieren. Wer gegen sie kämpft, wird unweigerlich in einer Negativschleife mit Wut und Aggression enden.

Ich-Botschaften senden

Auch Konflikte mit dem Partner können jetzt aufkeimen. In China und Italien ist die Zahl der Trennungen durch Corona gestiegen. Gern wird geraten, Streit zu vermeiden. Das ist dann ratsam, wenn der Streit in einer Partnerschaft zu eskalieren droht und Gewalt im Spiel ist. Im Normalfall ist es allerdings ein schlechter Rat, denn je mehr wir in uns hineinfressen, desto größer wird der Konflikt und der Wutausbruch wird dadurch nur umso heftiger. Auch hier gilt: Reden hilft!

Kocht dann mal etwas über, ist das völlig normal. Ein Streit ist keine Katastrophe, sondern kann auch ein klärendes Gewitter sein. Dabei solltet ihr versuchen, persönliche Angriffe zu vermeiden. „Du hast aber…“, und du bist immer…“, sind Worte, die jetzt mit Vorsicht zu genießen sind. Sie klingen per se vorwurfsvoll. Besser ist es, von sich selbst auszugehen und Ich-Botschaften zu senden. Die eigenen Gefühle in Worte zu fassen und seine Bedürfnisse klar zu kommunizieren ist wichtig.

Gemeinsam eine schöne Zeit verbringen

Es ist ratsam sich maximal einmal am Tag über neuste Nachrichten zum Virus zu informieren. Wer sehr verunsichert ist, sollte so wenig wie möglich darüber lesen. Statt sich permanent im Internet die neuesten Corona-Statistiken anzusehen, ist es hilfreich, sich auf die positiven Dinge zu konzentrieren, wie z.B. das schöne Wetter und den blauen Himmel, der mal völlig frei von Kondensstreifen der Flugzeuge ist. Gemeinsam einen Kuchen backen, mit Oma und Opa skypen, ein Spiel spielen und zusammen einen Film schauen. All das hilft besonders Kindern das Virus mal zu vergessen und eine Pause einzulegen. Sich von der Situation ablenken, kann helfen wieder Abstand zu gewinnen und ruhiger zu werden. Spiele spielen und gemeinsam lachen sind gute Waffen gegen den Budenkoller.

Instabilität kann aggressiv machen

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt! Das Wissen, dass eine Situation, die wir nicht steuern und nicht unter Kontrolle bringen können, Menschen aggressiv machen kann, ist bereits eine kleine Hilfe in Krisensituationen. Nach dem ersten Schock haben wir uns eingerichtet und unseren Alltag neu strukturiert. Für eine gewisse Zeit können wir uns vielleicht damit arrangieren. Je länger diese Situation anhält, desto schwieriger kann sie werden. Hatte der Partner sich eine Zeit lang noch im Griff, kann die Situation auch kippen.

Deshalb sollte der Tag strukturiert sein, denn das befriedigt das Bedürfnis nach Sicherheit. Also regelmäßig aufstehen, anziehen, Frühstück, Mittag- und Abendessen zu festen Zeiten und viel Schlaf sind wichtig. Auch soziale Kontakte über das Telefon geben Sicherheit, weil man sich austauschen kann. Wer das Gefühl hat, diese schwere Zeit irgendwie zu überstehen, kommt besser zurecht. Diese Zuversicht haben aber nicht alle. Wenn die Situation schwierig wird und die psychische Belastung zu Trauer, Wut, mehr Aggression und Streit führt, sollte man sich nicht scheuen, Hilfe von Fachleuten in Anspruch zu nehmen.

Hilfe und Rat holen, wenn der Stresspegel steigt

Wir sind in einer Ausnahmesituation und in der reagieren wir anders, extremer und sehr unterschiedlich. Wenn mit dem Partner gerade nicht zu reden ist, ihr als Eltern, Paare oder Kinder Hilfe braucht, dann solltet ihr Profis anrufen. Es gibt eine Vielzahl an Menschen, die euch telefonisch mit Rat und Tat zur Seite stehen oder online mit euch chatten und das anonym und kostenlos. Nutzt diese Möglichkeit, um Druck abzubauen.

Die bundesweite „Nummer gegen Kummer“ hat unter 0800-1110550 ein Elterntelefon eingerichtet. Eltern können hier darüber reden, was sie belastet und überfordert. Kinder und Jugendliche erreichen die „Nummer gegen Kummer“ von Montag bis Samstag, 14 bis 20 Uhr unter 116111 oder per E-Mail unter em@il-Beratung. Immer samstags sind dort sogar Jugendliche am Telefon. Die Caritas bietet Hilfe und Beratung für Eltern, Familien, Kinder und Jugendliche und führt auch Online-Beratungen durch. Auch wer Angst hat, dass wegen Kurzarbeit oder Kinderbetreuung der Schuldenberg wächst, kann sich hier beraten lassen. pro familia berät zum Thema Partnerschaft und die Kinderschutzzentren beraten in Kinderschutzfragen. Die Hotline des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen e. V. (BDP) hilft allen, die psychisch belastet oder allein und verunsichert sind. Sie können die anonyme und kostenlose Hotline des BDP unter 0800 777 22 44 anrufen. Frauen, die unter Gewalt leiden, können sich an das Hilfetelefon “Gewalt gegen Frauen” unter der Nummer 08000 116 016 wenden. All diese Institutionen sind mit vielen Fachkräften und ehrenamtlichen Helfern für euch da, um mit euch über Probleme und den Umgang damit zu reden.

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