Reizdarm: Symptome, Ursachen und Tipps

Reizdarm: Symptome, Ursachen und Tipps
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14 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einem Reizdarmsyndrom. Jeder sechste kennt es also, wenn einem Blähbauch, Durchfall oder Bauchkrämpfe zu schaffen machen. Oft schämt man sich für die Beschwerden und fühlt sich nicht ernst genommen. Über eine Krankheit ohne organische Ursache, bei der jede Mahlzeit Russisch Roulette gleicht.

„Sie müssen jetzt wohl mit ihrem Reizdarm leben.“ Mit diesen Worten verabschiedete mich meine Gastroenterologin beim letzten Besuch. Ich verlass die Praxis zum einen erleichtert, dass es nichts ernstes krankhaftes ist – zum anderen enttäuscht, dass es nichts ernstes krankhaftes ist. Nach fast drei Jahren Schmerzen und Odyssee von Arzt zu Arzt hätte ich mir wirklich gewünscht, dass ich eine konkrete Diagnose mit organischer Ursache bekomme, die ich mit einer bestimmten Therapie angehen kann.

Was ist ein Reizdarm?

Beim Reizdarmsyndrom sprechen Ärzte von einer Funktionsstörung – bestimmte Vorgänge während der Verdauung scheinen demnach nicht fehlerfrei abzulaufen. Dennoch ist der Darm organisch nicht krankhaft verändert. Dies führt dazu, dass man sich als Patient oft nicht ernst genommen fühlt und belächelt wird – auch von Ärzten. „Ihr Darm sieht komplett gesund aus“, sagte mir meine Ärztin. „Gesund“ fühle ich mich mit den Symptomen aber definitiv nicht.

Wie äußert sich ein Reizdarm?

  • Krampfartiger Bauchschmerz
  • Blähungen
  • Blähbauch
  • Völlegefühl
  • Unregelmäßiger Stuhlgang: Durchfall, Verstopfung oder beides im Wechsel
  • Gefühl, dass sich der Darm nicht vollständig entleert hat
  • Müdigkeit, Kopfschmerzen, Erschöpfung und schlechte Laune

Viele Menschen mit den typischen Symptomen gehen nicht zum Arzt, der Reizdarm wird nicht diagnostiziert oder überhaupt erst nicht erkannt. Die Dunkelziffer ist deshalb noch viel höher. Frauen leiden häufiger unter einem Reizdarmsyndrom und können eine Verschlimmerung der Symptome während ihrer Periode feststellen. Die Kombination Reizdarm + Reizmagen kommt häufig vor, weshalb viele Reizdarm-Patienten auch über einen empfindlichen Magen klagen. Durch ihren gereizten Darm fühlen sich die meisten Betroffenen im Alltag und in ihrer Lebensqualität eingeschränkt.

Der Weg zur Diagnose

Die Diagnose Reizdarm zu bekommen, ist oftmals ein langer Leidensweg für Betroffene und auch eine Herausforderung für Ärzte. Es gibt nicht „den einen“ Reizdarm, sondern viele – die Krankheit ist so individuell wie wir Menschen. Die Symptome unterscheiden sich somit von Patient zu Patient und treten zudem bei vielen anderen Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts auf, die es gilt, auszuschließen. Beispielsweise kann ein Test auf Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder einen Darmpilz sowie Blutuntersuchen oder eine Darmspiegelung vorgenommen werden, um andere Erkrankungen auszuschließen. Wenn dies der Fall ist und die typischen Symptome vorliegen, wird die Diagnose Reizdarmsyndrom gestellt.

Ursachen

Die Ursachen für das Reizdarmsyndrom sind unklar. Viele Faktoren spielen hier wahrscheinlich zusammen. Dass Psyche und Darm eng zusammenarbeiten und sich gegenseitig beeinflussen, steht fest und erfuhr in den letzten Jahren immer größere Aufmerksamkeit (Buchtipp: „“ von Giulia Enders).

Das Darmnervensystem, das dem Darm auch den Namen „Bauchhirn“ oder „zweites Gehirn“ gibt, ist bei Reizdarm-Patienten überaktiv. Einerseits löst der Darm Beschwerden im Bauch aus und beeinflusst so das zentrale Nervensystem – unser Gehirn und unsere Psyche. Gleichzeitig wirkt sich unsere Stimmung auf den Magen-Darm-Trakt aus. Ein ganz schöner Teufelskreis also. Psychische Anspannung, Angst, Panik oder Depressionen können deshalb auch ein Auslöser für das Reizdarmsyndrom sein.

Reizdarm-Patienten haben zudem eine veränderte Darmflora. Antibiotika, Magen-Darm-Infektionen und chronischer Stress können diese erheblich beeinflussen. Auch die Darmbewegungen können verändert sein. Normalerweise bewegt sich die Darmmuskulatur rhythmisch und befördert so den Nahrungsbrei weiter. Bei einem Reizdarmsyndrom bewegt er sich zum Teil langsamer (was zu Verstopfung führt) oder schneller (was zu weichem, flüssigem Stuhl führt). Außerdem verkrampfen sich die Muskeln oft, was die Schmerzen auslöst.

Therapie

„War ein Lebensmittel oder Gewürz enthalten, das ich nicht vertrage? Bin ich gestresst? Oder rebelliert mein Darm einfach aus unerklärlichen Gründen?“ – Russisch Roulette mag übertrieben klingen, da man an einem Reizdarm weder sterben kann noch konkrete Folgeerkrankungen nachgewiesen werden können. Trotzdem werden mir Betroffene zustimmen, dass jede Mahlzeit böse enden kann – und wieder einmal sitzt man fragend auf der Toilette und grübelt, was man jetzt wieder falsch gemacht hat. Vorab: Beim Reizdarmsyndrom gibt es keine allgemeingültige Therapie. Man muss meist für sich selbst einen passenden Ansatz und Wege finden, mit den Symptomen umzugehen.

Ernährung

Die Ernährung ist einer der wichtigsten Einflussfaktoren. Bestimmte Lebensmittel können die Beschwerden triggern, wie etwa blähendes Gemüse. Die sogenannten FODMAPs geraten in diesem Zusammenhang immer mehr in den Fokus. FODMAPs sind bestimmte Kohlenhydrate und Zuckeralkohole, die in vielen Nahrungsmitteln vorkommen. Manche Reizdarm-Patienten vertragen oft nur kleine Mengen davon und können die Zucker nicht vollständig im Dünndarm abbauen. Bakterien im Dickdarm gehen den FODMAPs dann an den Kragen, was die Symptome auslöst. Manchen Menschen bereiten auch nur bestimmte Zucker (Laktose, Fruktose) Probleme. Auch auf Gluten kann der Darm Betroffener gereizt reagieren – auch wenn keine Zöliakie vorliegt. Es kann sich deshalb in vielen Fällen lohnen, eine FODMAP-arme Diät zu machen und zu beobachten, ob sich die Symptome bessern.

Tipps für den Alltag

Im Netz lassen sich etliche Tipps finden, was man gegen einen Reizdarm machen kann. Um ehrlich zu sein, hat bei mir so gut wie nichts davon geholfen. Trotzdem möchte ich euch meine persönlichen Tipps zeigen, die bei mir noch am ehesten die Symptome des Reizdarms lindern und helfen, besser damit umzugehen:

  • Ernährungstagebuch führen: Man benötigt etwas Disziplin, um wirklich jede Mahlzeit mit ihren einzelnen Zutaten Tag für Tag zu notieren, aber es lohnt sich wirklich! Ein halbes Jahr habe ich alles festgehalten samt Wertung, wie gut ich ein Essen vertragen habe und die Symptome danach. Die „Vertäglichkeitsskala“ ging von 1 bis 6 in Schulnoten. Nach ein paar Wochen kann man immer mal wieder auswerten und die Tage mit den schlechten Noten durchgehen, um die „bösen“ Lebensmittel zu finden.
     
  • Ernährungstipps, die bei mir für Besserung sorgen:
    • Langsam und in Ruhe essen, oft kauen (ca. 20 Mal pro Biss)
    • Morgens kein Brot essen (das überfordert meinen Darm gleich in den frühen Morgenstunden), lieber einen warmen Porridge!
    • Brotkonsum generell reduzieren
    • Zuckerkonsum reduzieren
    • Abends nur kleine Mahlzeiten (wenn ich abends etwas mehr esse, arbeitet mein Darm gefühlt die Nacht durch und krampft morgens heftig)
       
  • Bewegung: Wenn sich der Bauch gerade aufbläht und nach einer Mahlzeit rebelliert, einen Spaziergang machen! Die Bewegung und frische Luft tut gut.
     
  • Die gute, alte Wärmflasche: Auch gut, wenn es akut ist! Obwohl sie nicht ändern kann, was da gerade in deinem Darm abgeht, sorgt sie dafür, dass du dich vielleicht ein bisschen wohler fühlst.
     
  • Probiotika: Zum Darmaufbau kann man Probiotika (Lebend-Bakterien) einnehmen. Ich konnte dadurch eine leichte Besserung feststellen. Beim Kauf am besten vom Apotheker beraten lassen. Mir wurde gesagt, dass um die 10 Bakterienstämme perfekt seien.
     
  • Stress reduzieren: Ich hasse es selbst, wenn mir jemand diesen Tipp gibt oder ich ihn lese. Stress ist eben oft nicht zu vermeiden und wird oft nicht bewusst wahrgenommen. Aber ich gebe zu, dass es stimmt: Wenn ich weniger Stress habe, macht mein Darm auch weniger Radau. Für einen stressfreien Start in den Tag hilft mir Meditation sehr!
     
  • Nicht zu sehr auf den Darm konzentrieren: Das ist definitiv leichter gesagt als getan! Aber ich habe gemerkt, dass es besser ist, nicht schon voreingenommen an Mahlzeiten ranzugehen und meinen Darm auch nach dem Essen so gut es geht zu „ignorieren“. Wenn man nur noch an die möglichen Beschwerden denkt, treten sie erst recht auf.

Habt ihr auch Probleme mit Magen oder Darm? Ich freue mich sehr, wenn ihr mir in den Kommentaren von euren Erfahrungen erzählt! :-)

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30 Kommentare

Ein schwieriges Thema, so wie alles, das sich nicht organisch begründen lässt. Mein Sohn leidet darunter und es gab eine Zeit, da hatten wir Angst um ihn, da er nichts mehr essen wollte aus Angst Probleme zu bekommen. Heute kommt er zum Glück besser damit klar. Deine Tipps sind sehr gut für Betroffene.
Wünsche dir alles Gute!
Super geschrieben und sehr spannend zu lesen! Alles Gute an alle Betroffenen.
@gioia: Danke! Ich kann verstehen, dass es für Eltern auch nicht leicht ist. Zum Glück kommt dein Sohn mittlerweile besser damit klar. Alles Gute auch an ihn!🤗

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