Essig selber machen

Essig selber machen
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Für die Salatsauce braucht man ihn, für Sauerbraten, schwäbischen Linsentopf oder Mix Pickles – Essig benutzt man, aber man denkt selten über ihn nach. Meist hat man seinen gewohnten Essig im Schrank, meist ein Wein- oder Branntweinessig, dazu vielleicht einen italienischen Balsamico für den Rucolasalat. Aber Essig kann mehr als nur sauer sein.

Was um aller Welt ist eigentlich Essig?

Wir definieren: Essig ist ein Würz- und Konservierungsmittel, das aus der Fermentation alkohol- (oder zucker-)haltiger Flüssigkeiten mittels Essigsäurebakterien entsteht. Aha. Essig machen gehört zu den ältesten Lebensmittelherstellungsverfahren der Menschheit – logisch, alkoholische Getränke gibt es schon lange und wenn man die in der Wärme stehen ließ, wurden sie sauer. Essig wurde übrigens im Altertum, mit Wasser gemischt, als Erfrischung geschätzt. Im Mittelalter diente der Essig außerdem als Heilmittel und zur Desinfektion, später auch zur Schönheitspflege. Durch den hohen Säuregehalt ist Essig ist ein hervorragendes Konservierungsmittel.

Essig unterscheidet man zum einen nach der Herstellungsmethode als Gärungsessig oder Ansatzessig beziehungsweise aromatisierten Essig. Zum anderen nach den Grundzutaten – so gibt es Branntweinessig, Weinessig, Balsamessig (dazu später mehr), Reisessig, Honigessig, Frucht- oder Obstessig und andere.

Wie wird Essig hergestellt?

Beim Gärungsessig wird – einfach gesagt – eine alkohol- oder zuckerhaltige Flüssigkeit mit Essigsäurebakterien, der sogenannten Essigmutter, versetzt und bei angenehmen Temperaturen mit viel Sauerstoff in Ruhe gelassen. Bei der Orléans-Methode geschieht dies in offenen Kesseln, das dauert und kann auch mal in die Hose gehen. Deshalb hat man andere Verfahren entwickelt, bei denen gezielte Sauerstoffzufuhr, Holzspäne zur Vergrößerung der Gäroberfläche und absolute Hygiene eine Rolle spielen.

Ansatzessige werden – wie der Name schon sagt – mit Aromastoffen angesetzt. Ein milder Weinessig beispielsweise wird zwei Wochen mit Fruchtauszügen oder Kräutern aromatisiert. Eine gute Idee als Mitbringsel – eine schöne Flasche, ein halber Liter Weinessig und ein paar Zweige Rosmarin!

Dann gibt es noch die Billigheimer, bei denen einfach Essigessenz, also industriell hergestellte Essigsäure, verdünnt wird.

Dann gibt es noch Balsamico

Wer jetzt vom dickflüssigen, fast süßen Hochgenuss träumt, muss aufpassen: Das Wort Balsamico ist nicht geschützt. Alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist, darf sich so nennen. Wer Wert auf die Herkunft aus den italienischen Provinzen Modena und Reggio Emilia legt, der kauft „Aceto Balsamico di Modena“. Aber das ist eben nur eine Herkunftsbezeichnung und sagt über den Inhalt wenig aus, der meist industriell gefertigt wurde aus Weinessig, etwas Traubenmost oder Traubenmostkonzentrat, Karamell, Aromastoffen, Konservierungsmittel und Glyzerin. Das Gleiche gilt auch für Balsamico bianco, der immer aus Traubenmostkonzentrat, Weinessig und Konservierungsstoffen gemacht ist. Wer einen guten Alltags-Balsamico will, der achtet darauf, dass auf der Zutatenliste an erster Stelle Traubenmost oder Traubenmostkonzentrat steht und nicht Weinessig.

Wem Tradition und allererste Qualität wichtig sind, muss auf die Wörtchen „Aceto Balsamico Tradizionale“ achten. Ein Quantensprung. Dieser Balsamico wird wirklich handwerklich hergestellt. Die Basis ist Traubenmost aus (weißen) Trebbiano- und teilweise Lambruscotrauben. Dieser wird langsam erhitzt und auf die Hälfte eingedickt. In einem luftdicht abgeschlossenen Gefäß kühlt alles ab und beginnt zu gären. Nach einem Monat wird er in ein anderes Glasgefäß umgefüllt – insgesamt fünf bis sieben Monate lang. Dann ist der junge Essig bereit, in Holzfässern langsam zu reifen. Dabei passiert er mehrere aufeinanderliegende Fässer, vom obersten rund 60 Liter fassenden, in das immer der frisch gegärte Essig kommt, bis zum kleinsten 10-Liter Fass, aus dem der reife Balsamico auf Flaschen gezogen wird. Das kleinere Fass wird dann immer aus dem nächstgrößeren nachgefüllt. Diese Fasswanderung dauert mindestens 12 Jahre. Dann darf sich der Balsamico „vecchio“ nennen, hat man ihm 25 Jahre Zeit gegeben ist es „extravecchio“. In Modena gibt es nur diese beiden Qualitäten, in der Reggio Emilia gibt es auch noch einen 18 Jahre alten. Jahreszahlen findet man auf den Flaschen nicht, man erkennt sie an der beigen (vecchio) oder goldenen (extravecchio) Kapsel – das ist der einzige Qualitätspunkt, Sterne oder Fantasienamen gibt es beim originalen Balsamico nicht.

Balsamico kostet richtig Geld. Den echten gibt es nur in 100ml Fläschchen. Wenn man aber bedenkt, dass aus 100 kg Trauben maximal 11 Fläschchen Balsamico werden, sieht man den „Essig“ als das, was er ist: eine echte, kostbare Delikatesse. Echter Balsamico ist nicht sauer, sondern eher süß, ist zu schade für die Vinagrette und kann auch als Aperitif getrunken werden. Oder ein Tröpfchen auf einen Stück alten Parmiggiano – delicioso!

Essig selber machen

Will man fertigen Essig aromatisieren, sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Ob mit Kräutern wie Rosmarin, Thymian, Estragon oder Früchten wie Himbeeren – einen milden Essig kaufen, in ein sauberes Gefäß füllen, Zusatz dazu, zwei Wochen stehen lassen. Einzig beachten sollte man, dass Himbeeren zwar den Essig schön rot färben, ihre eigene Farbe aber komplett verlieren. Da muss man vor dem eventuellen Verschenken vorher nochmal umfüllen und mit neuen Beeren bestücken.

Will man einen Gärungsessig selbst machen, braucht man ein alkoholisches Getränk – zum Beispiel ungeschwefelten Wein oder Apfelmost, eine Essigmutter und ein sauberes Glas-, Steingut oder Ton-gefäß, zum Beispiel einen Glasballon oder ein großes Einmachglas. Auf keinen Fall Metall, die Säure greift dieses an.

Das Gefäß wird nun zur Hälfte mit der Basisflüssigkeit gefüllt – wichtig, damit die Oberfläche möglichst groß ist. Die Essigmutter, also die Essigsäurebakterien, dazugeben. Die bekommt man im Internet oder vielleicht auch in der Apotheke. Es ist auf jeden Fall besser, am Anfang die Bakterien zu kaufen, einfach ein Esslöffel handelsüblicher Essig genügt nicht, denn dieser wurde ordentlich und hygienisch vor dem Verkauf sterilisiert. Man rechnet 100 ml Essigmutter auf einen Liter Flüssigkeit. Nun das Gefäß mit einem Wattepfropf verschließen – aber nicht luftdicht. Verschließen deshalb, damit sich keine Kahmhefen einnisten, die machen einen dicken, pelzigen Belag auf den Ansatz, und dann ist es mit dem Essig Essig.

Die Bakterien mögen es warm: zwischen 25 und 30 Grad sollte es schon haben. Deshalb Essig am besten im Sommer ansetzen. Wenn sich nach ein bis zwei Wochen eine dünne Haut bildet und es nach Klebstoff riecht, ist alles gut. Dann wartet man noch einige Wochen, probiert ab und zu und wenn man der Meinung ist, es schmeckt gut nach Essig, füllt man ihn filtriert in saubere Flaschen und lässt ihn noch zwei bis drei Monat dunkel und kühl in Ruhe. Und dann aber ab in den Salat! Wenn man einen Rest der Flüssigkeit im Gärgefäß lässt und wieder mit Wein aufgießt, hat man übrigens seine eigene Essigmutter, die man hegen und pflegen kann.  

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16 Kommentare

Jetzt bin ich sauer
Ich auch. Liegt aber leider an meiner Gastritis.
Daher mag ich Essig nicht.
Sehr schöner Beitrag, danke @Bernhard. Das werde ich gerne mal ausprobieren.
toll :)
Danke Bernhard!! Vor vielen Jahren gab es mal eine Fernsehsendung mit Jean Pütz .Nannte sich HOBBYTHEK. Da wurde auch Essig gemacht. Und was den Balsamico betrifft, hast Du Recht. Ich habe vor 10 Jahren mal eine Flasche Balsamico von meinem Chef bekommen. Ich glaube, er hatte keine Ahnung, was er mir da geschenkt hat. Vielleicht war es ein Werbegeschenk, wo er nichts mit anfangen konnte. Jedenfalls ein 30!!!Jahre alter Balsamico mit Zertifikat und handschriftlich eingetragener Abfüllnummer. Es wurden nur 3000 l abgefüllt Habe mal nachgeforscht, und bin erstaunt, wie teuer jetzt die "jüngeren" 30 Jahre alten Essige sind!! Abfüllung 2008 kostet Momentan 800 Euro! Und meiner ist von 2000!
@Aquatouch:
Echt?? Mein Mann hat seit über 30 Jahren auch Gastritis, aber mit Essig keine Probleme. Scheint da wohl auch Unterschiede zu geben, auf was der Magen allergisch reagiert.
Ich nun auch schon 25 Jahre, auch Geschwüre.
Alles was gesund ist, ätzt. Also bei mir.
Orangen, Tomatensaft, Vollkorn. Natürlich auch Sachen, die weniger gesund sind, Zigaretten, Kaffee..
Als ich schwanger war, musste ich einen Haufen Hokuspokus von der Hebamme ausprobieren. Habe dann irgendwann doch wieder Simagel genommen. Geschadet hat es nix.
Mein Mann wollte mal Apfelwein machen, wir hatten dann irgendwann einen tollen Apfelessig. Leider ist uns irgendwie die Mutter abhanden gekommen.
Ein schön geschriebener Beitrag.
Essig an sich würde ich jetzt nicht selbst herstellen (warum auch), aber beim Verfeinern bin ich schon recht aktiv. In meiner Küche findet man diverse Sorten, die ich hier auch schon mal als Tipp vorgestellt habe.

Dickflüssigen "Balamico" stelle ich selbst her, denn es ist ganz einfach und man weiß, was drin ist.
Habe auch schon versucht Essig zu machen. Das erste mal gelang es wirklich prima. Hat super geschmeckt. Leider ist bei den nächsten beiden Malen nichts daraus geworden.Es hat sich immer ein Schimmelpilz angesetzt und ich musste da Ganze weg leeren. Vieleicht hat irgendwer einen Tipp für mich, was ich da falsch gemacht habe?
@Kamilla, war es wirklich Schimmel oder war es eine Essigmutter? Das wird leider oft verwechselt. Die Essigmutter ist eine klebrige, gallertartige Masse. Schimmel aber ist oben pelzig, dann ist der Essig schlecht und nicht mehr genießbar. Mit einer Essigmutter kannst du aber prima neuen Essig ansetzen.
Es war deffinitiv Schimmel. Da ist dann leider auch die Essigmutter nicht mehr zu gebrauchen, weil ja die Sporen dran sind
Danke für den Tipp!
Habe Himbeere in essig , bin gespannt
Auf die Idee, Essig selbst zu machen, bin ich noch nie gekommen. aber das wäre ja mal einen Versuch wert.
Danke für den ausführlichen Tip!
Den Hype um überteuren, "edlen" Balsamico habe ich sowieso nicht verstanden. Er lädt kriminelle Fälscher ja geradezu ein!

Wer sich nicht auf das wohl eher zufällige gute Gelingen des Gärprozesses verlassen möchte, kann auch mit Essigessenz experimentieren, z.B. auf der Basis von Sherry.
Reiche Menschen leisten sich das Teure, ich das was ich mir leisten kann.
Letztendlich kommt es darauf an was ich mit Hilfe der Säure mache. Bis Dato hatte ich keine Schwierigkeiten mit dem (um mal ein Beispiel zu nennen) 10%tigen Essig.
Was diesen Balsamico angeht... . Da bin ich der Meinung das ist eine Modeerscheinung ähnlich dem ach soo tollen Olivenöl.
Dabei bin ich froh das es diesen gibt denn ansonsten würde das gute Rapsöl sehr rasant im Preis steigen.
Wer glaubt das Olivenöl besser als Rapsöl einheimischer Produktion ist sollte mal intensiv recherchieren. Dann wird er oder sie sicher sehr erstaunt sein wie gut alt bewährtes ist, wenn nicht sogar um Enden besser.

P.S. Bitte kommt mir jetzt nicht wieder damit das Öl mit Essig nichts gemein hat und ich deshalb das Thema verfehlt habe, das ist mit klar.
Was ich nicht verstehe ist das wir alles was aus fernen Ländern kommt dem was wir in unserer Region anbauen und produzieren vorziehen.
Ich bin nicht gegen Produkte von weit her, ich bin eben mehr für bezahlbare Produkte aus meiner Umgebung.
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