Vanille – kostbarer als Silber?

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Eine Hand schneidet eine Vanilleschote auf einem Holztisch, während das schwarze Vanillemark auf das Messer gerieben wird.

In meiner Traumküche riecht es immer nach Vanille. Kein anderer Geruch hat einen derart warm-weichen, tröstlichen, alles besänftigenden Effekt auf meine Stimmung. Gerüche, sagen die Wissenschaftler, werden vom Nervus olfactorius (dem Riechnerv) direkt und ohne Umwege über lästige Denkprozesse in den ältesten Teil unseres Gehirns geschleust.

Dort im limbischen System, von Hirnforschern auch liebevoll „Reptiliengehirn“ genannt, docken die Geruchsstoffe an die passenden Rezeptoren an und können tief schlummernde Erinnerungen wachrütteln und ganze Kaskaden von Gedankenbildern auslösen. Das ganze theoretische Drumherum interessiert mich eigentlich nur am Rande. Sobald mein Riechkolben eine auch noch so winzige Ansammlung von Vanille-Duftmolekülen erschnuppert, breitet sich ein kaum zu beschreibendes Wohlgefühl in mir aus. Kennt das noch jemand?

Weihnachten als olfaktorische Wellness-Oase

Mit dieser Fixierung auf Vanille als meinem persönlichen Geruchsfavoriten kommt mir Weihnachten natürlich gerade recht. Ein Gang über den Kudamm offenbart neben den klassischen Weihnachtsdüften wie Zimt, Glühwein und Angstschweiß auch ein nicht enden wollendes Repertoire an Vanillearomen in allen nur denkbaren Nuancen. Selbst H&M riecht nach Vanille, wobei der Duft dort künstlich erzeugt wird. Von einem cleveren Air-Design erhoffen sich gut bezahlte Marketing-Strategen messbar positive Effekte auf die Kauflust ihrer von Wohlgerüchen umschmeichelten Kunden. Vanille und Orange stehen bei dieser Strategie ganz weit oben auf der Liste verkaufsfördernder Düfte. Bei mir hat’s scheinbar funktioniert. Neben dem eigentlich anvisierten Fünferpack Herrensocken hat sich noch irgendwie ein Henley-Shirt in meinen Einkaufsbeutel geschmuggelt. Vielleicht war aber auch „Last Christmas“ von Wham schuld, wer weiß.

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Andere Länder, andere Sorgen…

Während uns hier die weihnachtlichen Düfte um die Nase wehen und die größte Sorge vieler Menschen ist, ob der Klimawandel in Zukunft ein für alle Mal Schluss mit der romantischen Vorstellung von dichtem Schneetreiben an Heiligabend macht, geht es den Bauern auf Madagaskar schlecht. Existenziell schlecht. Ihre Sorge hat unter anderem auch mit dem Klimawandel zu tun. Madagaskar ist nicht nur die Insel, wo der sprichwörtliche Pfeffer wächst, sondern bietet auch ein ideales Klima für den Anbau von Vanillepflanzen. Von den etwa 110 Arten der Orchideen-Gattung „Vanilla“ bilden 15 Unterarten die begehrten Kapseln (Vanilleschoten), aus denen das aromatische Gewürz gewonnen wird. Seit aber das Weltklima in schwerer Aufruhr ist, wird Madagaskar immer öfter von verheerenden Zyklonen heimgesucht und ächzt unter ausgedehnten Dürreperioden. Das bedeutet: Die Bedingungen für den Anbau der sensiblen und arbeitsintensiven Pflanze werden immer schlechter. Dementsprechend unsicher ist die jährliche Aussicht auf eine Ernte, von der die Bauern ihre ohnehin karge Existenz bestreiten können.

Ein Problem kommt selten alleine

Gleichzeitig treiben die sich häufenden Ernteausfälle den Vanillepreis auf dem Weltmarkt in schwindelerregende Höhen. Derzeit wird für Vanilleschoten guter Qualität ein Kilopreis von rund 600 Euro erzielt. Zum Vergleich: Ein Kilogramm Silber ist momentan schon für schlappe 480 Euro zu haben. Das macht Vanille zum zweitteuersten Gewürz der Welt, direkt nach Safran. Und da unsere Welt eine zuverlässig ungerechte ist, kommen von diesen 600 Euro pro Kilo nur etwa 10 Euro auch tatsächlich bei den Erzeugern, also den Bauern, an. Die hohen Weltmarktpreise rufen aber natürlich Schmarotzer und Diebe auf den Plan, die zwar die Arbeit mit den Vanillepflanzen scheuen, nicht aber den Aufwand den Bauern ihre Ernte zu stehlen. Daher leben viele der Bauern während der Wachstumszeit der Vanille auf ihren Plantagen und verteidigen ihren Besitz mit Fäusten und Macheten gegen die Diebesbanden.

Von diesem ganzen Drama kommt hierzulande wenig an. Wir wundern uns vielleicht noch, warum zwei echte Bourbon-Vanilleschoten im Glasröhrchen, wie sie im Einzelhandel von Fuchs, Dr. Oetker oder Ostmann angeboten werden, plötzlich so teuer sind, aber das war’s dann auch schon. Es gibt ja immer noch die Möglichkeit auf synthetisch erzeugte Vanillearomen auszuweichen. Diese erreichen zwar lange nicht die geschmackliche Qualität echter Vanille, sind dafür aber deutlich günstiger im Einkauf.

Madagaskar vs. die anderen Anbaugebiete

Bislang war nur die Rede von Vanilleschoten aus den Anbaugebieten Madagaskars, die mit etwa 50 Prozent den Löwenanteil der weltweit erzeugten Vanille ausmachen. Ursprünglich stammt die Vanillepflanze aus Mexiko. Dort ist der Anbau aber mittlerweile stark zurückgegangen und macht nur noch rund 10 Prozent des Gesamtvolumens aus. Ein Großteil der Ernte wird in die USA exportiert. Weitere bekannte Anbaugebiete befinden sich auf Papua-Neuguinea, Mauritius, Sansibar, den Seychellen  und Java. Die teuersten und geschmacklich intensivsten Vanilleschoten stammen von der Südseeinsel Tahiti, wo jährlich nur etwa 15 Tonnen des edlen Gewürzes geerntet werden. Allerdings besitzt diese Sorte am wenigsten des vertrauten „vanilligen“ Aromas und wird vor allem in der Sterneküche verwendet.

Aussehen und Aufbewahrung

  • Eine Länge der Vanilleschote von 13 bis 16 Zentimetern deutet auf eine gute Qualität hin.
  • Hochwertige Vanilleschoten sind von dunkelbrauner bis schwarzer Farbe, besitzen ein öliges, leicht feucht-glänzendes Erscheinungsbild sowie eine lederartige Konsistenz und lassen sich gut biegen. Harte und trockene Schoten lassen auf mindere Qualität schließen.
  • Vanilleschoten sind bei entsprechender Lagerung sehr lange haltbar. Die Aufbewahrung erfolgt am besten an einem kühlen (15 C°), dunklen Ort unter möglichst gutem Luftabschluss (Tupperdose, altes Marmeladenglas o.Ä.). Bei längerer Lagerung sollten die Schoten alle zwei bis drei Monate kurz gelüftet werden.
  • Vanilleschoten lassen sich (einzeln verpackt) einfrieren.

Verwendungsmöglichkeiten der ausgekratzten Vanilleschote

  • Ausgekratzte Vanilleschoten sollten nie weggeworfen werden. Sie können am Stück in Zucker, Salz oder Tee gelegt werden, um diese zu aromatisieren.
  • Die ausgekratzte Vanilleschote kann getrocknet und mit einer entsprechenden Mühle zu einem feinen Pulver vermahlen werden. Das Pulver eignet sich hervorragend zum Aromatisieren von Dressings oder Süßspeisen. Angeblich gibt eine Prise dieses Pulvers einer Tasse Kaffee oder Tee den besonderen Pfiff.
  • Zur eigenen Herstellung von Vanillezucker wird das Vanilleschoten-Pulver im Verhältnis 1:9 mit Zucker gemischt. Dieser kann im Mixer, Thermomix oder einer Kaffeemühle zu Puderzucker weiterverarbeitet werden.

Tolle Rezepte mit Vanille gibt’s angeblich auf einer Webseite mit dem lustigen Namen „Frag Mutti“. Am besten einfach mal googeln :smiley:

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4 Kommentare

Oh ja Kriss: Ja ich kenne das vanillische Wohlgefühl und Vanille ist für mich Kindheit:

Warmer Vanillepudding, der zum Abkühlen auf der Fensterbank des alten Holzfensters zum Hof stand, ist eine Erinnerung, die mich seit vielen Jahrzehnten begleitet.

Ich muss gestehen:
Vor dem Lesen Deines Beitrags habe ich mir nicht mal Gedanken darüber gemacht, wo Vanille überhaupt her kommt. Irgendwie gibt es sie immer und überall und man vergisst, sich zu informieren.

Ist so wie mit Safran, von dem man vermutlich aber mehr Hintergrundwissen hat als von der Vanilleschote.

Zu den Tipps:
Auch eine (bereits mit-) gekochte Vanilleschote kann noch 2-3 mal verwendet werden.
@xldeluxe_reloaded: Ich fürchte, eine führende Säuglingsnahrung- und Babybrei-Firma hat ganze Generationen von Babys auf Vanille konditioniert.
Für mich ist Vanille auch mit solchen kindlichen Erinnerungen verbunden.

Ja und da gebe ich dir auch recht: eine Vanilleschote gibt wesentlich mehr her, als nur das Mark.
Die Dosierung „Mark einer Vanilleschote“ für einen (1) Pudding oder Kuchen, finde ich viel zu intensiv. Ein Hauch von Vanille, der über der Speise liegt, gibt dem ganzen einen harmonischen Geschmack. In meiner Vanillemühle wird die ganze Schote in Stückchen geschnitten eingefüllt und gemahlen, nicht nur das Mark. Man kann auch ausgekratzte Schote einfüllen. Wer keine Mühle hat, kann die ausgekratzte Schote auch im ganzen oder in Stückchen dazu verwenden, anderen Speisen einen Vanillehauch zu verleihen. Puderzucker, Tee, Kaffee aber auch Olivenöl.
Eine Vanilleschote hält bei mir mehrere Jahre, auch weil ich aus den im Tipp genannten Fakten, gerne auch auf Vanillin zurückgreife.
Für Kaffee mahle ich ein kleines Stück Vanilleschote zusammen mit den Bohnen. Dafür reichen vorher anderweitig verwendete Schoten völlig aus. Die im Milchreis mitgekochten werden mit Wasser abgespült und getrocknet. Dann sind sie immer noch intensiv genug für selbstgemachten Vanillezucker. Vanillin kommt bei mir nicht in die bzw. aus der Tüte. In Schokolade steckt schon genug von dem Zeug. Von den im Supermarkt erhältlichen Sorten kenne ich nur eine mit echter Vanille. Leider müssen auch hier andere (zum Teil sogar Kinder) für unseren Luxus-Genuss schuften, aber es gibt wenigstens Schokolade mit fair gehandeltem Kakao. Bei Vanille habe ich das noch nicht gesehen.